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110 Jahre Frauenstudium an der HU

Seit 1908 k?nnen Frauen sich offiziell an Berliner Universit?ten immatrikulieren. Ein Blick in das HU-Archiv zeigt interessante Details zur Errungenschaft des Immatrikulationsrechts für Frauen.

Modell eines menschlichen Gehirns
Erlass zum Immatrikulationsrecht
für Frauen?? Foto: Universit?tsarchiv

Als Charlotte Hamburger am 18.07.1908 die Zulassung zur Promotion an der damaligen Friedrich-Wilhelms-Universit?t beantragt, ist die Aussicht auf Zustimmung im Klima akademischer Frauenfeindlichkeit gering. ?Die Arbeit macht einen bedenklich dilettantischen Eindruck. Wie überhaupt die allgemeine Schreibweise etwas allzu weibliches an sich hat.“, notiert der Gutachter im Promotionsgesuch herablassend. Die Sprache des Gutachters selbst ist Ausdruck und Dokument der damaligen Skepsis gegenüber Frauen in der Akademie zu Beginn des 20. Jahrhunderts.

Erstaunlich, dass nur wenige Monate sp?ter, am 18. August 1908, trotz des bestehenden konservativ frauenfeindlichen Wissenschaftsbetriebs, ein Erlass des preu?ischen Kultusministeriums erfolgt, der Frauen ab dem Wintersemester 1908/9 ein Immatrikulationsrecht gew?hrt. Bis dahin waren Frauen, so auch Charlotte, an Berliner Universit?ten nur als Gasth?rerinnen geduldet.

Von Gasth?rerinnen zu Studentinnen

Modell eines menschlichen Gehirns
Gebundene Akten von 1998/9
Foto: Universit?tsarchiv

Die Erlaubnis zur Gasth?rerschaft war allerdings individuell geregelt und jeweils abh?ngig von der Zustimmung des Ministeriums. Seit 1884 konnten Gasth?rerinnen nach einem aufwendigen Prüfungsverfahren zugelassen werden. Diese wurden nicht nur polizeilich, sondern auch auf ihre Solvenz und politischen Einstelllungen, eingehend überprüft. Trotz des umst?ndlichen Zulassungsverfahrens und obwohl den Frauen der Zugang zu qualifizierten Studiennachweisen verwehrt blieb, stieg die Zahl der Gasth?rerinnen kontinuierlich.

Dies erh?hte den Druck auf die Universit?t und das Ministerium, über ein offizielles Immatrikulationsrecht für Frauen nachzudenken. ?Anhand der Akten sieht man, dass es lange Zeit ein gro?es Thema in der Universit?t und im Ministerium war. Es ist bemerkenswert, dass man über die Zulassung für Frauen bereits seit mindestens 1898, also zehn Jahre vor dem eigentlichen Erlass, verhandelt hat“, bemerkt Dr. Aleksandra Pawliczek, Leiterin des Universit?tsarchivs der Humboldt-Universit?t zu Berlin, w?hrend sie in den Archivdokumenten bl?ttert

Hürden im Hochschulalltag

Als 1908 schlie?lich das Frauenstudium gegen das Votum vieler beschlossen wird, ?ndert sich allerdings nicht schlagartig die Haltung gegenüber Frauen an der Universit?t. ?Dieser Erfolg, dass Frauen endlich an der Universit?t studieren durften, bedeutete nicht, dass es im Hochschulalltag wirklich unproblematisch ablief“, erl?utert Pawliczek. Annahmen, dass Frauen keine ausreichende Gehirnkapazit?t h?tten, weil ihr Gehirn kleiner sei, waren üblicher Tenor der Zeit. Auch Bedenken zu ?sittlichen Auswirkungen“, Frauen k?nnten den Unterricht st?ren und M?nner vom Lernen abbringen, waren weit verbreitet.

Insbesondere im Medizinstudium, in der Anatomie, l?sst sich diese ablehnende Haltung rekonstruieren. ?An der medizinischen Fakult?t hat man sich zun?chst gewehrt und versucht parallele Angebote zu schaffen oder Frauen zu bestimmten Vorlesungen nicht zuzulassen“, erkl?rt Pawliczek, die Einsicht in den universit?ren Schriftverkehr dieser Zeit hat. Doch nicht nur in der Medizin wurde die Anwesenheit von Frauen als Bedrohung für eine seri?se Wissenschaft thematisiert. Dokumentiert sind auch Stellungnahmen von Professoren, die sich nach 1908 weiterhin weigerten, Frauen in ihrer Vorlesung zu akzeptieren und vom Ministerium hierfür eine gesonderte Erlaubnis erhielten.

Kennzeichnung ?F“

ALTERNATIVTEXT

Kennzeichnung "F" in den Immmatrikulationsbüchern?
Foto: Universit?tsarchiv

Die Angst vor einer zu gro?en Anzahl von Frauen im Studium ist auch an der Kennzeichnung ?F“ in den Immatrikulationsbüchern abzulesen. ?Ich denke, es k?nnte eine Art von Kontrolle gewesen sein, wie viele weibliche Studierende es tats?chlich waren. Es war im Gro?en und Ganzen eine patriarchalische Gesellschaft, gerade auch an der Universit?t, in der sehr viele sich auch bis zum Schluss gegen mehr Frauenrechte oder gar ein Frauenstudium gestellt haben“ so Pawliczek. Beschr?nkte Kontingente an Studienpl?tzen für Frauen gab es allerdings nicht, denn auch nach dem Erlass blieb der Anteil an weiblichen Studierenden verh?ltnism??ig gering.

Ganz anders sieht es heute aus. Aktuell überwiegt der Anteil der Studentinnen an der HU. Und trotzdem sind Strukturen der damaligen fehlenden Chancengleichheit noch erkennbar: Zwei Drittel der Professuren sind weiterhin m?nnlich besetzt.

Autorin: Stefanie Langner

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Quellen:

?St?rgr??e ?F“: Frauenstudium und Wissenschaftlerinnenkarrieren an der Friedrich-Wilhelms-Universit?t Berlin – 1892 bis 1945. Eine Kommentierte Aktenedition“. Herausgegeben vom Zentrum für transdisziplin?re Geschlechterstudien der Humboldt-Universit?t zu Berlin und der Projektgruppe Edition Frauenstudium, Berlin trafo Verlag 2010.

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Dr. Aleksandra Pawliczek
Leiterin des Universit?tsarchivs
Humboldt Universit?t zu Berlin

Tel.: +49 30 2093-99747
aleksandra.pawliczek@ub.hu-berlin.de