Diversit?t und Antidiskriminierung als eine gelebte Selbstverst?ndlichkeit im universit?ren Alltag
Die zentrale Frauenbeauftragte ber?t und unterstützt in Fragen der Gleichstellung von Frauen und M?nnern. Im Interview spricht Ursula Fuhrich-Grubert über Wege ein diskriminierungsfreies Lehr-, Lern- und Arbeitsumfeld zu schaffen, in dem alle Menschen unabh?ngig von Hautfarbe und Herkunft ihr volles Potenzial entfalten k?nnen.
Welche Rolle schreiben Sie der Humboldt-Universit?t bezogen auf das Thema Diversit?t zu?
Als gro?e Universit?t in Berlin und damit an einem Ort internationaler und interkultureller Begegnungen kommt der HU mit Blick auf das Thema Diversit?t gro?e gesellschaftliche Verantwortung zu. Ein erster Schritt dieser Verantwortung gerecht zu werden, ist anzuerkennen, dass es auch im Kontext der HU strukturellen Rassismus und soziale Ungleichheiten gibt – wie zuletzt eine Umfrage zum Thema Diversit?t ergeben hat. Daraus sollte in einem zweiten Schritt der Selbstanspruch folgen – und dies insbesondere über die AG Diversit?t –, Akteurin eines positiven Wandels zu sein, z.B. über das Etablieren von best practice-Ma?nahmen im Bereich Antidiskriminierung und Diversit?t, den Transfer von Forschungsergebnissen oder als Ort für kritische gesellschaftspolitische Debatten.
Seit wann gibt es die AG Diversit?t an der HU Berlin. Was ist ihr Auftrag und was haben Sie bisher erreicht?
Die AG Diversit?t gibt es in der vorliegenden Form seit ca. zwei Jahren. Sie hat sich vier Ziele gesetzt: 1. will sie einen positiven und respektvollen Umgang mit Differenz f?rdern und dazu beitragen, dass Diversit?t an der HU als Bereicherung gelebt wird. 2. soll der Umgang mit Diversit?t universit?tsweit thematisiert, diskutiert und kritisch reflektiert werden. Um die Inklusion / Integrit?t aller Universit?tsmitglieder zu gew?hrleisten, will die AG 3. barriere- und diskriminierungsfreie Lehr-, Lern- und Arbeitsumgebungen schaffen. Sodann geht es der AG 4. darum, Beratung und Begleitung in F?llen von Diskriminierung sicherzustellen. Summa summarum: Es geht der AG um die Sensibilisierung und einen Kulturwandel an der HU im Sinne von Diversit?t und Antidiskriminierung als einer gelebten Selbstverst?ndlichkeit im universit?ren Alltag.
Die AG hat unter anderem die oben erw?hnte Umfrage auf den Weg gebracht, sie ausgewertet und erste Ma?nahmen beschlossen, um die genannten Ziele umzusetzen. Die Ergebnisse dieser ersten Arbeitsphase hat sie auch dem Kuratorium pr?sentiert. Wenn es bisher nicht in dem gewünschten Umfang zu einer Umsetzung von Ma?nahmen kommen konnte, dann liegt das nicht zuletzt an den Auswirkungen der Pandemie.
Reicht eine AG? Was muss noch passieren, damit Diversit?t an der HU ins Leben kommt?
Nein, eine AG allein reicht selbstverst?ndlich nicht aus. Das Modell ist jedoch ein guter Ansatzpunkt insofern als es eine interne Heterogenit?t und damit Perspektivenvielfalt sicherstellt: In der AG sind nicht nur s?mtliche Beauftragte zur Reduzierung von Diskriminierung an der HU t?tig, sondern es werden neben Entscheidungstr?ger*innen wie z.B. Abteilungsleitungen auch Betroffene einbezogen. So kann Expertise gebündelt, k?nnen Bedarfe und pers?nliche Erfahrungen eingebracht und Synergien hergestellt werden – um so dimensionenübergreifend und wertsch?tzend statt merkmalsspezifisch zusammenzuarbeiten.
Um den o.g. Kulturwandel zu f?rdern, bedarf es vielz?hliger Ma?nahmen auf allen Ebenen – so wie von der AG beraten und beschlossen. Angefangen bei Fortbildungen zu geschlechter- und diversit?tssensiblen Einstellungsverfahren und Personalführung über hochschulweite 三亿体育·(中国)官方网站 zu 三亿体育·(中国)官方网站 wie Rassismus oder deutscher Kolonialgeschichte hin zu verst?rktem Empowerment für alle von rassistischer Diskriminierung betroffenen Personen, die an der HU studieren, lehren oder arbeiten. Es muss allen klar sein: Rassismus wird an der HU nicht geduldet (s. dazu auch die Dienstvereinbarung und Richtlinie ?Respektvolles Miteinander“).? Falls es zu Diskriminierungen kommt, k?nnen sich die Betroffenen jederzeit vertraulich an die Zentrale Frauenbeauftragte oder ihre dezentralen Kolleginnen, an die Antidiskriminierungsberatung des RefRats, die AGG-Beauftragte oder die Konfliktberater*innen (darunter auch eine Person of Colour) wenden. Diese Anlaufstellen und Beratungsangebote sollten, so auch ein Ergebnis der Umfrage, noch breiter und über eine zentrale Website kommuniziert werden (auch hieran arbeitet die AG).
Wie k?nnen PoC (People of Colour), die an der HU arbeiten oder hier studieren, unterstützt werden, damit das Wort "Gleichberechtigung an der HU" Realit?t und nicht nur Wunschdenken ist?
Grunds?tzlich ist Rassismus für PoC Alltag und spiegelt sich nicht nur in Beleidigungen und k?rperlicher Gewalt wider. Das gilt auch für Deutschland und für deutsche Institutionen. Rassistische Diskriminierungen erfahren Menschen hier auf pers?nlicher wie staatlich/institutioneller Ebene und damit müssen 三亿体育·(中国)官方网站n wie die Humboldt-Universit?t umgehen.
Das vorausgeschickt, müsste die Frage meiner Meinung nach anders gestellt werden. Es geht nicht vorrangig darum, PoC-Studierende und -Mitarbeitende zu 'unterstützen', sondern vielmehr darum, ein diskriminierungsfreies Lehr-, Lern- und Arbeitsumfeld zu schaffen, in dem alle Menschen unabh?ngig von Hautfarbe und Herkunft ihr volles Potenzial entfalten k?nnen.
Um das zu erreichen, gilt es für eine wissenschaftliche Einrichtung wie die HU, das Thema verst?rkt in den wissenschaftlichen Fokus zu nehmen. Hier gibt es insbesondere im Kontext des Zentrums für transdisziplin?re Geschlechterforschung (ZtG) bereits vielf?ltige Anstrengungen. Auf praktischer Ebene wurden im Rahmen der oben genannten Umfrage Sensibilisierungs- und Fortbildungsma?nahmen für alle Studierenden und Mitarbeitenden an der HU sowie Beratung und Begleitung im Falle von rassifizierter Diskriminierung eingefordert. Ferner geht es darum, entsprechende Instrumente anzuwenden, um den Anteil von PoC unter den Mitarbeitenden und Studierenden gezielt zu erh?hen.
Wie werden Sie in Ihrer Rolle als zentrale Frauenbeauftragte der HU mit der Problematik umgehen?
Da ich als zentrale Frauenbeauftragte seit Beginn meiner T?tigkeit einen intersektionalen Ansatz verfolge und au?erdem Vorsitzende der AG Diversit?t bin, besch?ftigen sich meine Mitarbeiterinnen und ich schon seit langem auch mit dem Thema Rassismus. Da bekannterma?en Frauen, die PoC sind, besonders stark von sexualisierter Diskriminierung betroffen sind, beabsichtige ich – wie von Betroffenen ausdrücklich gefordert – zukünftig spezifische 三亿体育·(中国)官方网站 zum Empowerment von PoC-Frauen anzubieten. Darüber hinaus haben wir in unserem firstgen-Projekt für Studierende mit nicht-akademischem Hintergrund aus dem o.g. intersektionalen Ansatz heraus Personen mit Migrationshintergrund und PoC besonders im Auge.
Ungeachtet der bereits existierenden Initiativen und Strukturen an der HU: Die jüngsten Ereignisse in den USA, die ?Black Lives Matter“-Bewegung und die damit verknüpfte aktuelle Debatte über (strukturellen) Rassismus in Deutschland sind für mich und mein Team und - ich gehe davon aus, auch für die HU als Institution - ein Moment sich einmal mehr bewusst zu werden, dass es noch ein langer Weg hin zu einer diskriminierungsfreien Gesellschaft und damit auch Humboldt-Universit?t ist.
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Interview: Hans-Christoph Keller