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Dicht an dicht – Neues 3D-Bildgebungsverfahren erm?glicht tiefe Einblicke ins Zellinnere

Mit Hilfe der Kombination zweier mikroskopischer Verfahren ist es Wissenschaftler:innen des IRI Life Sciences der Humboldt-Universit?t und des Max-Planck-Instituts für die Physik des Lichts gelungen, die Dichte der Spindel und des umliegenden Zellinneren sichtbar zu machen

Links: Ein neuer Bildgebungsaufbau erm?glicht die korrelative Fluoreszenz- und Phasenbildgebung. Mitte: Eine Spindel des Krallenfrosches Xenopus, wie sie traditionell mittels Fluoreszenzmikroskopie beobachtet wird. Rechts: Eine Dichtekarte der gleichen Spindel, die mittels ODT erzeugt wurde. Abbildung:?Abin Biswas

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In der Corona-Pandemie ist Abstandhalten das Gebot der Stunde – auf dem Weg zur Arbeit, beim Einkaufen oder dem Spaziergang im Park. Das Innenleben unserer Zellen bleibt davon unberührt. Dort herrscht ein dichtes Gedr?nge an Molekülen. Dieses Gedr?nge ist wichtig für die Zelle, da Interaktionen zwischen Molekülen notwendig sind, um chemische Reaktionen ablaufen zu lassen.

Die Wissenschaftler:innen des Reber Labors des IRI Life Sciences interessieren sich besonders für die Strukturen innerhalb einer Zelle, wie zum Beispiel die mitotische Spindel. Deren Funktion ist die Aufteilung der Chromosomen (unser Erbgut). Aber wie eng ist es in einer Zelle? Wie schafft es die Spindel in diesem Gedr?nge die Chromosomen aufzureihen? Und wie misst man das?

Wie h?ngen die molekularen und mechanischen Eigenschaften der Spindel zusammen? Bei jeder Zellteilung muss das Erbgut, die Chromosomen, gleichm??ig auf die beiden entstehenden Tochterzellen verteilt werden. Dies erledigt eine kleine molekulare Maschine, die sogenannte mitotische Spindel. Sie sorgt für die korrekte Aufteilung der Chromosomen.

In den letzten Jahren sammelten Wissenschaftler:innen zahlreiche Erkenntnisse zu Aufbau und Funktionsweise der Spindel. Doch wichtige physikalische und mechanische Eigenschaften der Spindel sind noch immer gr??tenteils unbekannt. ?Das hat vor allem zwei Gründe”, erkl?rt Prof. Dr. Simone Reber, Forschungsgruppenleiterin am IRI Life Sciences. ?In komplexen Stoffgemischen wie der dicht gepackten Zelle, überlagern sich molekulare Eigenschaften der einzelnen Komponenten oder sie bilden g?nzlich neue aus. Einige Eigenschaften sind auch deshalb weitgehend unverstanden, weil es bisher kaum m?glich war, sie zu messen”, fügt sie hinzu.

Um nachvollziehen zu k?nnen, wie sich die Spindel bildet und welche Kr?fte sie aufwenden muss, um die Chromosomen aufzureihen und auf die Tochterzellen zu verteilen, ist es wichtig, den Zusammenhang zwischen den einzelnen Bausteinen und den komplexen Materialeigenschaften der Spindel zu verstehen.

Bildgebungsverfahren ODT verhilft zu Durchbruch bei Bestimmung physikalischer Eigenschaften der Spindel

Vieles was die Wissenschaft über die Spindel wei?, verdankt sie der Fluoreszenzmikroskopie. Mit ihrer Hilfe lassen sich vor allem Mikrotubuli, die Spindelfasern, gut sichtbar darstellen. Aufgrund solcher Fluoreszenzbilder ging man bisher davon aus, dass die Spindel eine sehr dichte Struktur ist, in der sich Mikrotubuli, Motorproteine und andere Moleküle dicht an dicht dr?ngen. Aber ist das tats?chlich so?

Kombination optischer Systeme erm?glicht qualitative und quantitative 三亿体育·(中国)官方网站 über die Spindel

Um dieser Frage nachzugehen, bauten Dr. Abin Biswas (der auch Mitglied des Reber Labors am IRI Life Sciences ist) und Dr. Kyoohyun Kim aus der Gruppe von Prof. Dr. Jochen Guck, Direktor des Max-Planck-Instituts für die Physik des Lichts in Erlangen, ein neues bildgebendes System, das die Fluoreszenzmikroskopie mit dem Verfahren der optischen Beugungstomographie (ODT = Optical diffraction tomography) verbindet. Dank dieser Kombination zweier mikroskopischer Verfahren ist es nun m?glich, molekulare 三亿体育·(中国)官方网站 in 3D durch Fluoreszenz mit physikalischen Parametern, wie z. B. Dichte und Masse, mittels ODT zu verbinden.

?ODT funktioniert so ?hnlich wie eine optische Mini-Waage”, sagt Dr. Abin Biswas, Erstautor der kürzlich in der Fachzeitschrift Developmental Cell ver?ffentlichten Studie. ??berraschend war, dass wir die Spindel im ODT überhaupt nicht sehen konnten”, erg?nzt Biswas. Die Wissenschaftler:innen messen den gleichen Brechungsindex bei der Spindel und des umgebenden Zytoplasmas und schlie?en daraus, dass beide die gleiche Dichte aufweisen. Die Moleküle der Spindel sind folglich nicht dichter gepackt als die restlichen Moleküle in der Zelle. Die aktuelle Studie legt somit nahe, dass zellul?re Phasenüberg?nge nicht zwingend mit einem Dichteübergang verbunden sein müssen. Das bedeutet, dass sich die Spindel durch die Aufkonzentrierung ben?tigter Moleküle bildet – und zwar ohne Auswirkung auf die lokale Dichte.

Wieso es für Forschung und Medizin wichtig ist, die physikalischen Eigenschaften der Spindel zu kennen

?Wir wissen, dass fehlerhafte Spindeln die Chromosomen nicht mehr pr?zise verteilen k?nnen. Dies kann fatale Folgen haben”, erkl?rt Biswas. Zellen mit überz?hligen oder fehlenden Chromosomen findet man beispielsweise in sehr vielen b?sartigen Tumoren. Treten Fehler früh in der embryonalen Entwicklung auf, k?nnen daraus Trisomien, z. B. das Down-Syndrom, entstehen. Es ist daher nicht nur für die Grundlagenforschung, sondern auch für die Medizin von Interesse, die genauen Mechanismen zu verstehen, die die Materialeigenschaften der mitotischen Spindel bestimmen.??

Originalpublikation

Abin Biswas, Kyoohyun Kim, Gheorghe Cojoc, Jochen Guck and Simone Reber. The Xenopus spindle is as dense as the surrounding cytoplasm. Developmental Cell (2021). DOI: https://doi.org/10.1016/j.devcel.2021.03.013

Link zur Studie

?ber IRI Life Sciences

Das Integrative Research Institute (IRI) for the Life Sciences wurde 2013 im Rahmen der Exzellenzinitiative von der Humboldt-Universit?t zu Berlin gemeinsam mit der Charité-Universit?tsmedizin Berlin und dem Max-Delbrück-Zentrum für Molekulare Medizin in der Helmholtz-Gemeinschaft (MDC) gegründet. Die Forschenden am IRI Life Sciences betreiben interdisziplin?re Grundlagenforschung. Mittels innovativer Methoden ergründen sie bspw. die zellul?ren Ursachen von Krebserkrankungen und Infektionskrankheiten.

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Robert Kircher-Reineke
Media and Communications
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robert.kircher-reineke@hu-berlin.de