Früher Wissenstransfer
?gyptisches Ostrakon (Ashm. Dem. 483)
Foto: Ashmolean Museum Oxford
?gyptische Astronomen berechneten die Bewegung des Planeten Merkurs mit Methoden, die aus Babylonien stammen, und zwar früher als bisher angenommen. Das zeigt erstmals eine Analyse von zwei alt?gyptischen Inschriften auf Tonscherben, sogenannten Ostraka, aus dem Ashmolean Museum in Oxford durch den Wissenschaftshistoriker Prof. Dr. Mathieu Ossendrijver von der HU sowie dem Exzellenzcluster Topoi und den ?gyptologen Dr. Andreas Winkler von Oxford University. Die Texte wurden ca. 1-50 n. Chr.? in der demotischen Sprache, einer sp?ten Stufe des Alt?gyptischen, verfasst. Es handelt sich dabei um die ersten Recheninstruktionen aus der babylonischen Astronomie, die überhaupt aus ?gypten bekannt sind.
Die Instruktionen befassen sich mit der Himmelsposition des Planeten Merkur und stimmen mathematisch exakt überein mit Verfahren, die einige Jahrhunderte zuvor, 300-100 v. Chr, erstmals in Babylonien angewandt wurden. Allerdings? benutzen die Verfasser der ?gyptischen Texte ein alternatives Rechenverfahren, das aus Babylonien nicht bekannt ist: Sie hatten es entweder aus einer bislang noch unbekannten Quelle übernommen oder selbst aus den babylonischen Verfahren entwickelt. Die Texte beweisen, dass ?gyptische Gelehrte noch vor ihren griechischen Kollegen über eine mindestens ebenso gute Kompetenz in babylonischer Astronomie verfügten.
Ab rund 150 v. Chr. verbreiteten sich babylonische Astrologie und Astronomie in ?gypten. ?gyptische Astrologen begannen, wie ihre Kollegen in Babylonien gut 200 Jahre zuvor, Horoskope zu erstellen, um das Schicksal von Neugeborenen zu bestimmen. Es sind sowohl Horoskope in demotischer, also alt?gyptischer, Sprache, als auch in Altgriechisch überliefert. Die Erstellung eines Horoskopes erforderte eine Berechnung der Tierkreispositionen von Mond, Sonne und der fünf damals bekannten Planeten: Merkur, Venus, Mars, Jupiter und Saturn. ?ber die Rechenmethoden, die die ?gyptischen Astrologen hierzu verwendeten, war bisher nur wenig bekannt.
Die zwei neu entdeckten demotischen Texte mit Recheninstruktionen werfen nun ein neues Licht auf die mathematische Kompetenz der ?gyptischen Astrologen. Beide Tonscherben enthalten Anweisungen für drei unterschiedliche babylonische Verfahren. Jedes davon ist einem bestimmten Ph?nomen von Merkur gewidmet: seiner ersten Sichtbarkeit als Abendstern, seiner ersten Sichtbarkeit als Morgenstern und seiner letzten Sichtbarkeit als Morgenstern. Die Inschriften beweisen erstmals eindeutig, dass ?gyptische Astrologen in der Lage waren, für Merkur, einem Planeten mit einer vergleichsweise komplizierten Bewegung, nach babylonischen Verfahren Tierkreispositionen zu berechnen.
Literaturangabe: Mathieu Ossendrijver, Andreas Winkler, 2018, Chaldeans on the Nile: Two Egyptian Astronomical Procedure Texts with Babylonian Systems A1 and A2 for Mercury, in: C. J. Crisostomo, E. A. Escobar, T. Tanaka, N. Veldhuis (eds.), The Scaffolding of Our Thoughts: Essays on Assyriology and the History of Science in Honor of Francesca Rochberg, Leiden: Brill, 382–419.
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Der Exzellenzcluster Topoi ist ein Forschungsverbund von Freier Universit?t Berlin und HU mit Fokus auf Studien zu ?Raum“ und ?Wissen“ in der Antike. Er wird aus Mitteln der Exzellenzinitiative des Bundes und der L?nder gef?rdert.
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Dr. Nina Diezemann
Exzellenzcluster Topoi
Tel.: 030 838-73190
E-Mail: nina.diezemann@topoi.org