Gibt es ein neues Baumsterben in Mitteleuropa?
Baummortalit?t durch Borkenk?fer und Windwurf im
Nationalpark Bertesgaden, Foto: Cornelius Senf
Das ?Waldsterben“ war in den 1980er und 1990er Jahren in aller Munde – in den letzten Jahren ist es jedoch ruhig um das Thema geworden. Nicht zuletzt aufgrund der intensiven medialen Debatte wurden die damals für das Waldsterben hauptverantwortlichen Schadstoff-Immissionen stark reduziert, was den Wald bedeutend entlastet hat. In letzter Zeit h?ufen sich jedoch wieder Meldungen über tote B?ume in den W?ldern Mitteleuropas. Eine soeben in der Fachzeitschrift Nature Communications publizierte Studie der Humboldt-Universit?t zu Berlin (HU) dokumentiert stark steigende Baummortalit?t in Mitteleuropas W?ldern in den letzten 30 Jahren.
Die Baummortalit?t steigt
Eine Forschergruppe der HU und der Universit?t für Bodenkultur in Wien hat die Baummortalit?t in Deutschland, ?sterreich, Polen, Tschechien, der Slowakei und der Schweiz untersucht. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler um Cornelius Senf und Rupert Seidl konnten anhand von 720.000 manuell interpretierten Satellitenbildern zeigen, dass sich die Mortalit?t in Mitteleuropas W?ldern in den letzten drei?ig Jahren verdoppelt hat. War 1985 im Schnitt noch ein halbes Prozent der Waldfl?che pro Jahr von Mortalit?t betroffen, so waren es 2015 bereits ein Prozent pro Jahr. Insgesamt ist somit j?hrlich eine Waldfl?che von rund 3.000 km2 betroffen, das entspricht in etwa der Fl?che des Saarlands. Basierend auf den nun vorliegenden Daten ist erstmals klar, dass die aktuelle Welle der Baummortalit?t jene des ?Waldsterbens“ vor 30 Jahren deutlich übersteigt.
Mensch und Klima als Verursacher
Die Gründe für das zunehmende Baumsterben sind vielf?ltig. So waren die letzten Jahre von klimatischen Extremen gepr?gt, die dem Wald stark zusetzten. ?Winterstürme und Borkenk?fer, welche sich durch die warmen und trockenen Bedingungen rasch vermehren, verursachen gro?fl?chige Baummortalit?t“, so der Hauptautor der Studie, Cornelius Senf. Ein weiteres Ansteigen der Baummortalit?t im Klimawandel ist daher wahrscheinlich. Doch auch die menschliche Nutzung des Waldes in Mitteleuropa hat in den letzten Jahrzehnten zugenommen, da Holz ein stark nachgefragter, lokal verfügbarer und natürlicher Rohstoff ist. Diesbezüglich dokumentiert die Studie, dass der Waldbau in den letzten 30 Jahren deutlich schonender geworden ist. ?Unsere Daten zeigen eine Verschiebung von gro?fl?chigen Kahlschl?gen hin zu einer kleinfl?chigen ?ffnung des Kronendachs und der Entnahme von nur wenigen B?umen pro Bestand“, meint Rupert Seidl.
Mehr Wald betroffen, jedoch weniger tote B?ume
Noch eine weitere, auf den ersten Blick paradox anmutende Entwicklung, fanden die Forscher in ihren Daten. W?hrend die von Baummortalit?t betroffene Waldfl?che über die letzten 30 Jahre zunahm, ?nderte sich die Anzahl der sterbenden B?ume in Mitteleuropas W?ldern kaum. Dies l?sst sich dadurch erkl?ren, dass heute tendenziell ?ltere und gr??ere B?ume sterben als in der Vergangenheit und diese im Kronendach des Waldes eine gr??ere Lücke hinterlassen. ?Ob wir aktuell eine neue Phase des Baumsterbens erleben h?ngt also auch davon ab, welche Ma?zahl man dafür heranzieht“, betonen die Forscher. Das Baumsterben jedoch nicht gleich ?Waldsterben“ ist, darüber sind sie sich einig, denn: Vielerorts w?chst unter den abgestorbenen B?umen bereits die n?chste Baumgeneration heran.
Studie
Senf et al.: Canopy mortality has doubled in Europe’s temperate forests over the last three decades. Nature Communications.
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Dr. Cornelius Senf
Geographisches Institut
Humboldt-Universit?t zu Berlin
Tel.: +49 151 50652760
cornelius.senf@geo.hu-berlin.de