Die Unbekannte: Gertrud Grunow
2019 feiert das Bauhaus sein 100-j?hriges Jubil?um. Vier Jahre nach seiner Gründung hatte das Weimarer Bauhaus 1923 eine erste gro?e Ausstellung organisiert, welche die Arbeit an der Schule pr?sentierte. Dem historischen Ausstellungskatalog vorangestellt sind programmatische Texte von Gropius, Klee, Kandinsky und Gertrud Grunow. W?hrend die drei M?nner gro?e Berühmtheit erlangten, ist Grunow bislang weitgehend unbekannt.
Zum Anlass des Jubil?ums 2019 haben Dr. des. Linn Burchert, Kunst- und Kulturwissenschaftlerin an der Humboldt-Universit?t zu Berlin (HU), sowie die Weimarer Kunstp?dagogin Gabriele Fecher ein Projekt initiiert, um die Bauhauslehrerin in der Wissenschaft sowie der breiteren ?ffentlichkeit bekannt zu machen – mit einer Online-Plattform und einer Open-Access-Publikation.
Website informiert über Leben und Wirken Grunows
Gertrud Grunow gestaltete als ausgebildete Musikp?dagogin mit ihrer ?Harmonisierungslehre" zwischen Herbst 1919 und Frühjahr 1924 ma?geblich die sogenannte Vorlehre am Bauhaus mit. Grunows Unterricht absolvierten alle Schülerinnen und Schüler, bevor sie in die spezialisierten Werkst?tten aufgenommen werden konnten. Im Vordergrund der Lehre stand das Ziel, K?rper und Seele durch Imagination, Bewegung und Atem in Einklang zu bringen sowie für T?ne, Farben, Formen und Materialit?ten zu sensibilisieren. Grunow schrieb zudem Evaluationen, die zur Entscheidung über die Aufnahme der Schülerinnen und Schüler an der Schule beitrugen.
Die Webseite informiert grundlegend über Leben und Wirken Grunows, stellt eine kritische Bibliographie bereit und wird fortlaufend aktualisiert: Forschende, Kulturschaffende sowie alle, die sich mit Grunow besch?ftigen, k?nnen auf dieser Plattform ihre Projekte und Publikationen bekanntgeben. Auf der Webseite wurde zudem der bislang einzige Film über Grunow ver?ffentlicht: Diesen hat Gabriele Fecher 2009 mit dem Schweizer Literaturwissenschaftler und Zeitzeugen René Radrizzani erstellt.
Bislang unver?ffentlichtes Archivmaterial gesichtet
Ziel der Webseite ist es, den aktuellen Forschungsstand, aber auch offene Fragen zur Diskussion zu stellen. In einem frei verfügbaren E-Book pr?sentiert Burchert ihre Forschungs-ergebnisse. Dazu hat sie bislang unver?ffentlichtes Archivmaterial gesichtet und Fragen der Authentizit?t von Quellen gekl?rt. So entspinnt sich um den vermeintlichen Grunow-Text ?Der Gleichgewichtskreis" (hrsg. 2001) ein problematischer Fall: Kurz vor ihrem Tod hatte Grunow all ihre Manuskripte an ihren ehemaligen Bauhaus-Schüler Gerhard Schunke übergeben, der diese allerdings nie wie geplant unter ihrem Namen ver?ffentlichte, sondern überarbeitete und für die eigenen Zwecke verwendete. Die Ver?ffentlichung ?Der Gleichgewichtskreis" stammt dementsprechend in Teilen von Schunke. Unter Bauhaus-Expertinnen und Experten ist diese Kontroverse bekannt, erst jetzt konnte sie auf Basis von neu gehobenem Briefmaterial durch Burchert aber weitestgehend gekl?rt werden.
Einen besonderen Fokus legt die HU-Wissenschaftlerin au?erdem auf die Beziehungen zu zentralen Pers?nlichkeiten aus Kunst, Wissenschaft und Philosophie der Zeit: Dazu geh?ren etwa die Bauh?usler Johannes Itten und Lothar Schreyer sowie der Entwicklungspsychologe Heinz Werner, mit dem Grunow in den sp?ten 1920er Jahren zusammenarbeitete, um Wahrnehmung und Syn?sthesie zu erforschen. Nicht nur hier herrscht weiterer Forschungsbedarf, auch Grunows Bezüge zum Kreis um Aby Warburg sowie Ernst Cassirer ist bislang nicht ausreichend nachgegangen worden. Zu diesen und anderen Auseinandersetzungen laden Publikation und Webseite ein.
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E-Book?Gertrud Grunow (1870-1944)
?ber die Autorin
Linn Burchert ist seit 2018 Mitarbeiterin am Institut für Kunst- und Bildgeschichte der Humboldt-Universit?t Berlin. Nach ihrem Studium der Kulturwissenschaft und Vergleichenden Literatur- und Kunstwissenschaft in Potsdam (2008–2014) assistierte sie am Lehrstuhl für Kunstgeschichte der Friedrich-Schiller-Universit?t Jena (2014–2017). 2018 schloss sie ihre Dissertation ?Das Bild als Lebensraum. ?kologische Wirkungskonzepte in der abstrakten Kunst, 1910–1960" ab. Forschungsschwerpunkte sind: Beziehungen von Kunst-, Ideen- und Wissenschaftsgeschichte sowie Naturkonzepte in der Kunst von 1750 bis in die Gegenwart.
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Dr. des. Linn Burchert
Humboldt-Universit?t zu Berlin
Kultur-, Sozial- und Bildungswissenschaftliche Fakult?t
Institut für Kunst- und Bildgeschichte
Tel.: 030?2093-66227
linn.burchert@hu-berlin.de
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