Wie sich politische Krisen auf die Landnutzung auswirken
Der politische Zusammenbruch der Sowjetunion 1991 ging mit drastischen Ver?nderungen in Mittel- und Osteuropa einher. Der Einzug der Marktwirtschaft und die radikal ver?nderten sozio?konomischen Bedingungen führten auch zum Niedergang gro?er Teile der vormals zentralisierten Landwirtschaft. Die Auswirkungen auf die Landnutzung im Grenzgebiet von Ukraine und Wei?russland waren beispielsweise vergleichbar mit jenen der Tschernobyl-Katastrophe. Zu diesem Schluss kommt eine internationale Arbeitsgruppe unter der Federführung von Patrick Hostert, Wissenschaftler am Geographischen Institut der Humboldt-Universit?t zu Berlin, in der neuesten Ausgabe der ?Environmental Research Letters“.
?Durch die Evakuierung der radioaktiv stark belasteten Gebiete entlang der wei?russisch-ukrainischen Grenze sind nahezu 150.000 Hektar landwirtschaftlich genutzter Fl?chen aufgegeben worden. Das ist die gleiche Gr??enordnung wie sie durch den Zusammenbruch der Sowjetunion und dem anschlie?enden Bankrott von Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften für das gleiche Gebiet zustande kam“, erkl?rt Geograph Hostert. Dies ist umso bemerkenswerter wenn man bedenkt, dass es sich bei der Evakuierung der Bev?lkerung auf den stark C?sium-belasteten Fl?chen um den Reaktor ?lediglich“ um eine regionale Ma?nahme handelte. Demgegenüber traf der Zusammenbruch der Sowjetunion den gr??ten Staat der Erde (etwa ein Sechstel des Festlandes) und die Folgen für die Landwirtschaft in der Umgebung von Tschernobyl lassen erahnen, was dies bezogen auf das gesamte Territorium der ehemaligen Sowjetunion bedeuten muss.
Den Wissenschaftlern ging es auch darum herauszufinden, wie sich sozio?konomische Krisen auf den Wandel von intensiver zu weniger intensiver Landnutzung auswirken. ?Der nukleare Unfall wie der ?konomische Zusammenbruch führten dazu, dass Landfl?chen weniger intensiv genutzt werden“, erkl?rt Hostert weiter. ?Dies hat weitreichende Konsequenzen, da die immensen aufgegebenen landwirtschaftlichen Fl?chen in Russland, der Ukraine und anderen Folgestaaten der Sowjetunion in Zukunft entweder wieder landwirtschaftlich für den Anbau von Nahrungsmitteln oder auch Energiepflanzen genutzt werden k?nnen oder aber – wie derzeit oft der Fall – sich selbst überlassen bleiben und allm?hlich wieder bewalden.“ Jede Art der Nutzung hat dabei Vor- und Nachteile für verschiedene Leistungen, die ein ?kosystem erbringt, wie beispielsweise die Kohlenstoffspeicherung, die Biodiversit?t oder die Ern?hrungssicherung einer wachsenden globalen Bev?lkerung.
Patrick Hostert ist designierter Sprecher der Exzellenz-Graduiertenschule ?FutureLand – Wege zu einer nachhaltigen Landnutzung“ und des Integrativen Forschungsinstituts ?THESys – The great Transformations of Human-Environmental Systems“ der Humboldt-Universit?t.
Erschienen in: Environ. Res. Lett. 6 (2011) doi:10.1088/1748-9326/6/4/045201. Patrick Hostert, Tobias Kuemmerle, Alexander Prishchepov, Anika Sieber, Eric F Lambin and Volker C. Radeloff. Rapid land use change after socio-economic disturbances: the collapse of the Soviet Union versus Chernobyl.
?
WEITERE INFORMATIONEN
Prof. Dr. Patrick Hostert
Humboldt-Universit?t zu Berlin
Geographisches Institut
Telefon: 030 2093-6905
E-Mail: patrick.hostert@geo.hu-berlin.de
Web: www.hu-geomatics.de
?