Rechenkünste der sp?tbabylonischen Mathematik
Aus Fragmenten von bisher unver?ffentlichten Keilschrifttafeln aus der Sammlung des British Museums London lassen sich einzigartige mathematische Tabellen rekonstruieren, die zeigen, wie komplex die Mathematik in der sp?tbabylonischen Zeit (450 bis 200 v. Chr.) bereits war. So enthalten die Tabellen - mit unter anderem einer 30-stelligen Zahl - die l?ngsten Zahlen, die bislang in einem antiken Textdokument entdeckt wurden. Die Rekonstruktion der Tabellen gelang Mathieu Ossendrijver, Professor für Wissenschaftsgeschichte der Antike an der Humboldt-Universit?t zu Berlin und Mitglied des altertumswissenschaftlichen Exzellenzclusters Topoi, mit Hilfe einer Computer-Analyse. Die dort festgehaltenen mathematischen Operationen zeigten, dass die Rechenvirtuosit?t der babylonischen Mathematiker gr??er war als bisher angenommen: ?Die Mathematik war nicht nur eine Hilfswissenschaft für die Astronomie, sondern eine selbstst?ndige Disziplin mit eigenen Forschungszielen“, sagt Ossendrijver. Die Ergebnisse wurden in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift Journal of Cuneiform Studies ver?ffentlicht.
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Fragmente einer Keilschrifttafel mit einer mathematischen Tabelle. Die Zahlen sind am linken Rand ausgerichtet; ihre L?nge nimmt von oben nach unten ab. Die Ausgangszahl ist mit 30 Stellen die l?ngste Zahl, die bislang in einem antiken Text rekonstruiert werden konnte. Sie entspricht 9 hoch 11 mal 12 hoch 39.
Foto/Collage: Mathieu Ossendrijver ? Trustees of the British Museum
In beiden Tabellen wird eine Anfangszahl so lange durch ihre Faktoren dividiert, bis die Zahl 1 erreicht ist. Im Unterschied zum heute meist verwendeten Dezimalsystem (Zehner-System) lag der babylonischen Mathematik ein Sexagesimalsystem zugrunde, das auf der Grundzahl 60 beruht – ?hnlich wie unsere Stundeneinteilung in Minuten und Sekunden. In der einen Tabelle entspricht so die Ausgangszahl der 46. Potenz von 9 (946). In der anderen Tabelle ist die Ausgangszahl 30-stellig: Sie entspricht 911 mal 1239.
?ber den Zweck der Tabellen kann noch keine endgültige Aussage gemacht werden. Eine praktische Bedeutung für Astronomie oder Verwaltung k?nne jedoch ausgeschlossen werden, ihr Zweck müsse vielmehr in der gelehrten Mathematik gesucht werden.
?M?glicherweise dienten sie als numerische ?berprüfung dafür, dass die Ausgangszahl korrekt berechnet worden war. Es ist jedoch auch denkbar, dass die babylonischen Mathematiker auf der Suche nach zahlentheoretischen Regelm??igkeiten waren“, sagt Mathieu Ossedrijver.
Wissenschaftsgeschichte der Antike ist ein Schwerpunkt des Exzellenzclusters Topoi, einem Forschungsverbund von Freier Universit?t und Humboldt-Universit?t in Kooperation mit der Stiftung Preu?ischer Kulturbesitz, der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, dem Deutschen Arch?ologische Institut und dem Max-Planck-Institut für Wissenschaftsgeschichte.
Pressematerial
Abbildungen von Fragmenten einer Keilschrifttafel mit mathematischer Tabelle
Publikation
Mathieu Ossendrijver: “The Powers of 9 and Related Mathematical Tables from Babylon”, in: Journal of Cuneiform Studies, Vol. 66, (2014), pp. 149-165.
- http://www.jstor.org/stable/10.5615/jcunestud.66.2014.0149
- http://arxiv.org/abs/1306.5989 (Preprint-Version)
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Dr. Nina Diezemann
Exzellenzcluster Topoi
Tel.: 030 838-73190
nina.diezemann@topoi.org
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