Warum kann EHEC lebensbedrohlich sein?
Bis heute ist noch immer ungekl?rt, was den EHEC-Ausbruchstamm O104:H4, der im Jahr 2011 Deutschland in Angst und Schrecken versetzte, so gef?hrlich machte. Wissenschaftlerinnen um Prof. Dr. Regine Hengge von der Humboldt-Universit?t zu Berlin (HU) berichten nun in der Fachzeitschrift EMBO Molecular Medicine von einer speziellen, bisher einzigartigen Kombination von molekularen Eigenschaften des EHEC-Ausbruchsstamms. Diese bietet eine Erkl?rung, weshalb dieser Erreger so h?ufig das lebensdrohliche h?molytisch-ur?mische Syndrom (HUS)? ausl?sen kann.
Im Jahr 2011 erkrankten in Deutschland in kürzester Zeit fast 4000 Menschen an einer Infektion mit Bakterien vom Typ Escherichia coli EHEC O104:H4. 22 Prozent der Patienten entwickelten das wegen Nierenversagens lebensbedrohliche h?molytisch-ur?mische Syndrom (HUS) und 53 Patienten verstarben – das ist ein umfangreicherer EHEC-Ausbruch mit h?herer HUS-Rate als jemals zuvor beobachtet wurde. Damals gelang es Wissenschaftlern, innerhalb weniger Tage die Genomsequenz des Erregers zu entschlüsseln. Diese zeigte, dass dieser Ausbruchstamm kein klassischer EHEC (entero-h?morrhagischer E. coli), sondern genetisch ein entero-aggregativer E. coli (EAEC) war, der allerdings das für EHEC typische Shiga-Toxin produzierte. Derartige 'Kombi-St?mme' waren bereits früher vereinzelt isoliert und analysiert worden – keiner jedoch hatte diese verheerende Virulenz gezeigt, deren Ursache auch in einer Vielzahl von Folgestudien bis heute nicht überzeugend gekl?rt werden konnte.
Die Wissenschaflerinnen um Regine Hengge haben nun in der Fachzeitschrift EMBO Molecular Medicinein in Zusammenarbeit mit Professor Dr. Lothar Wieler von der Freien Universit?t Berlin (FU)?eine Arbeit publiziert, die eine Erkl?rung bietet, weshalb der Erreger so h?ufig das lebensbedrohliche h?molytisch-ur?mische Syndroms ausl?sen kann. Insgesamt zeigt der Ausbruchstamm eine bisher einzigartige Kombination von Eigenschaften, die zu einem fatalen Szenario führen k?nnen: Der Erreger bildet ein zus?tzliches, nur in speziellen E. coli-Varianten vom Typ EAEC vorkommendes Enzym in extrem gro?en Mengen, welches das Signalmolekül cyclic-di-GMP produziert. Dieses Signalmolekül l?st in E. coli-Bakterien die Produktion von sogenannten amyloiden Curli-Fasern aus, die sich in einer klebrigen Netzwerkstruktur um die Bakterien herum lagern. Strukturell ist dieses Netzwerk mit den Plaques verwandt, die bei der Alzheimer-Krankheit im menschlichen Hirn auftreten. In unserem Darm l?st dieses bakterielle Curli-Fasergeflecht eine starke Entzündung aus. Diese Wirkung ist ausgerechnet beim Ausbruchstamm besonders ausgepr?gt, da dieser aufgrund einer einzigartigen Mutation keine Zellulose produzieren kann, die bei anderen E. coli-Varianten die entzündliche Wirkung der Curli-Fasern abschw?cht. Eine starke Entzündungsreaktion im Darm f?rdert nun aber den ?bertritt des vom Ausbruchstamm gleichzeitig produzierten Shiga-Toxins in die Blutbahn, sodass dieses Toxin die Nieren erreichen und dort das h?molytisch-ur?mische Syndrom ausl?sen kann.
Da die Synthese des gef?hrlichen Shiga-Toxins durch bestimmte Antibiotika weiter verst?rkt wird, ist eine Antibiotika-Behandlung von Infektionen mit dem Ausbruchstamm oder verwandten EHEC-Bakterien problematisch. Es bleibt ?rzten daher oft nichts anderes übrig, als in der Behandlung den Immunstatus des Patienten zu unterstützen. Die neue Studie weist auch darauf hin, dass m?glicherweise eine gezielte Unterdrückung spezieller Eigenschaften des Erregers, wie z.B. die Bildung seiner amyloiden Curli-Fasern, in der Behandlung von zukünftigen Infektionen mit ?hnlichen Keimen sinnvoll sein k?nnte.
Originalver?ffentlichung
Richter, A.M., Povolotsky, T.L., Wieler, L.H., Hengge, R (2014) Cyclic-di-GMP signalling and biofilm-related properties of the Shiga toxin-producing 2011 German outbreak Escherichia coli O104:H4. EMBO Molecular Medicine (Epub ahead of print on October 31; doi: 10.15252/emmm.201404309)
Weitere 三亿体育·(中国)官方网站
http://mikrobiologie.hu-berlin.de/hengge
三亿体育·(中国)官方网站
Prof. Dr. Regine Hengge
Humboldt-Universit?t zu Berlin
Tel.: 030 2093-8101
regine.Hengge@hu-berlin.de