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Vorsicht ?berfischung: Gro?e Laicher schützen und Best?nde richtig bewerten

Studie: Das Erholungspotenzial genutzter Fischbest?nde wird systematisch übersch?tzt

Um ?berfischung zu vermeiden, werden Zustand und Ertragsf?higkeit vieler Fischbest?nde mittels bestandskundlicher Analysen eingesch?tzt. Die Fruchtbarkeit der Fischweibchen ist dafür eine wichtige Gr??e. In den meisten Berechnungen steckt jedoch ein systematischer Fehler: Die Eizahl kleinerer Laichfische wird übersch?tzt, die von gr??eren wird untersch?tzt – und gerade auf die stattlichen ?Superlaicher“ zielt die Fischerei. Eine aktuelle Studie eines internationalen Forschungsteams unter Beteiligung des Leibniz-Instituts für Gew?sser?kologie und Binnenfischerei (IGB) und der Humboldt-Universit?t Berlin zeigt, dass dadurch das Erholungspotenzial vieler Fischbest?nde zu hoch gesch?tzt wird und so das ?berfischungsrisiko steigen kann. Insbesondere die besonders gro?en Fische sollten verst?rkt geschont werden.

Falsche biologische Grundannahmen

Fast alle Berechnungen zur Einsch?tzung des Zustands genutzter Fischbest?nde basieren auf der Annahme, dass die Eizahl eines Fischweibchens direkt proportional mit ihrem Gewicht ?ansteigt (Isometrie). Neue Studien zeigen aber, dass bei den meisten Fischarten gro?e, schwerere Weibchen mehr Eier pro K?rpermasse ablegen als jüngere, leichtere Weibchen. Die Eizahl steigt also nicht gleichm??ig, sondern überproportional mit dem Gewicht an (Hyperallometrie). Sind unter den Laichfischen eines Bestandes alte, gro?e Weibchen, werden mehr Eier produziert als wenn die gleiche Gesamtbiomasse überwiegend aus jungen, kleinen Fischen besteht.

Die Forschenden aus Australien, den USA und Deutschland haben anhand von Modellrechnungen für 32 marine Fischarten untersucht, was passiert, wenn zwei der wichtigsten Bezugsgr??en für das Fischereimanagement entsprechend der neuen Erkenntnisse zum Zusammenhang von Eizahl und Fischgewicht angepasst werden: das Laichpotenzial eines befischten Bestands im Verh?ltnis zum Laichpotenzial eines unbefischten Bestands, und der h?chstm?gliche Dauerertrag eines Fischbestands. Der maximale Dauerertrag beziffert die Menge Fisch, die auf lange Sicht einem Bestand entnommen werden kann. F?ngt man mehr Fische, spricht man von ?berfischung. Sowohl das Laichpotenzial als auch der Dauerertrag werden weltweit genutzt, um Fangquoten festzulegen und Schutzprogramme umzusetzen.

Laichpotenzial wird in Berechnungen für Fangquoten oft übersch?tzt

Die Ergebnisse der Studie zeigen: Im Durchschnitt wird das Laich- beziehungsweise Reproduktionspotenzial der 32 analysierten Fischarten um 22 Prozent übersch?tzt. Die Werte schwanken allerdings von Art zu Art zwischen 3 und 78 Prozent. Denn die Hyperallometrie der Fruchtbarkeit ist bei den Arten unterschiedlich stark ausgepr?gt. Die ?bersch?tzung des Laichpotenzials f?llt zum Beispiel bei der pazifischen Sardine mit 78 Prozent besonders hoch aus, im Vergleich zum Kabeljau mit 18 Prozent und dem Hering mit 11 Prozent.

Systematische ?berfischung der gro?en Fische

Nimmt man bei der der Berechnung des Reproduktionspotenzials eines genutzten Fischbestands die falschen biologischen Zusammenh?nge zu den Eizahlen je Fischgewicht an, sind die erlaubten Fangquoten im Durchschnitt 2,7 fach zu hoch angesetzt. Natürlich überlebt in der Natur nicht jede Fischlarve. Diese Regulationsf?higkeit von Fischbest?nden wird bei der Analyse des maximalen Dauerertrags berücksichtigt. Aber auch bei der Berechnung des maximalen Dauerertrags führt die Annahme der falschen biologischen Zusammenh?nge zur Ableitung von maximalen Fangquoten, die 1,2 fach h?her liegen, als es für die Nachhaltigkeit sinnvoll w?re.

?Das bedeutet, dass der gezielte Fang gro?er Laichfische – wie in der Fischerei üblich – das Fortpflanzungspotenzial eines Bestands und seine Ertragsf?higkeit verringert. Das kann systematisch die ?berfischung schüren oder die Erholung von Best?nden verlangsamen oder sogar verhindern“, erl?utert Fischereiprofessor Robert Arlinghaus vom IGB und der HU Berlin, Mitautor der Studie.

Bisherige Lehrbuchmeinung zum Fischereimanagement: Fangt die Gro?en!

Fast alle Fischbest?nde in den Meeren, Seen und Flüssen werden so bewirtschaftet, dass die gr??eren Fische selektiv gefangen werden und die kleinen Tiere überleben, damit sie mindestens einmal im Leben ablaichen k?nnen. Das ist der Gedanke hinter dem weitverbreiteten Mindestma?. Diese Fangbestimmung soll verhindern, dass die Fischbest?nde trotz intensiver Nutzung zusammenbrechen. Dieses Vorgehen beruht auf der Annahme, die ?lteren und gr??eren Tiere würden wenig zur Erneuerung des Bestands beitragen, ja sogar Ertragspotenzial kosten, weil sie nicht mehr so schnell wachsen wie kleinere und jüngere Fische. ?Diese bisher pauschal angewandte Managementpraxis und die dahinter liegenden biologischen Grundannahmen zur vermeintlich eingeschr?nkten Produktivit?t von gro?en Fischen sind angesichts unserer Ergebnisse überholt. Im Gegenteil: Die biologische Produktivit?t, die auch die Produktion von Eiern einschlie?t, steigt mit der Fischgr??e, entsprechend kann auch der selektive Fang der ganz gro?en Fische die Best?nde schw?chen“, ?u?ert Robert Arlinghaus.

Nachhaltigere Fischerei durch Schutz der Gro?en

Ma?nahmen, die zum Schutz der Gro?fische beitragen, k?nnen den Forschenden zufolge den Fischereiertrag f?rdern und dem Schutz der Fischbest?nde helfen – beispielsweise selektivere Fangmethoden, die neben den jungen auch die gro?en Fische schonen. In der Freizeitfischerei k?nnten Fangfenster die klassischen Mindestma?e ersetzen. Aber auch Schutzzonen oder Schonzeiten k?nnen sinnvoll sein. Im Detail h?ngen die besten Ma?nahmen von der Fischart und von den Fischereimethoden ab und k?nnen nicht pauschalisiert werden.

Die Autoren?empfehlen, künftige Bestandsabsch?tzungen neu zu kalibrieren, um der besseren Vermehrungsf?higkeit gr??erer Fische Rechnung zu tragen. ?Sowohl der Naturschutz als auch die Fischerei und die Angelfischerei k?nnen von einer exakteren Bestandsanalyse profitieren“, so das Fazit von Robert Arlinghaus.

Publikation

Reproductive hyperallometry and managing the world’s fisheries. Dustin J. Marshall, Michael Bode, Marc Mangel, Robert Arlinghaus, E. J. Dick; Proceedings of the National Academy of Sciences Aug 2021, 118 (34) e2100695118; DOI: 10.1073/pnas.2100695118

Bild: Auch der Schutz der gro?en Fische ist im Fischereimanagement wichtig. Foto: Boddenhecht, IGB

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Robert Arlinghaus ist Leiter der Forschungsgruppe ?Integratives Angelfischereimanagement“ am Leibniz-Institut für Gew?sser?kologie und Binnenfischerei (IGB) und Professor für Integratives Fischereimanagement an der Humboldt-Universit?t zu Berlin. Er ist DFG-Communicator-Preistr?ger 2020.

Prof. Dr. Robert Arlinghaus (Projektleiter marEEShift und? BODDENHECHT)
Leibniz-Institut für Gew?sser?kologie und Binnenfischerei (IGB) in Berlin

Tel.: +49 (0) 30 64181-653
arlinghaus@igb-berlin.de

Zur Webseite von Robert Arlinghaus

Projekte marEEshift und BODDENHECHT

Die Arbeiten fanden unter anderem im Rahmen der Projekte marEEShift (finanziert durch Bundesminsterium für Bildung und Forschung, BMBF) und BODDENHECHT (finanziert durch Europ?ischen Meeres und Fischereifonds, EMFF und Land Mecklenburg-Vorpommern) statt. Im marEEShift Projekt werden die Grundlagen für eine nachhaltige Fischerei auf den Westdorsch untersucht. Im BODDENHECHT Projekt geht es um die Nachhaltigkeit der Nutzung des Hechts in den Küstengew?ssern vor Rügen. In beiden Projekten spielt die Fischl?nge eine gewichtige Rolle.?