Leben zwischen Dreck und Drogen
Wie ist das Sicherheitsgefühl der Menschen am und rund um den ?Kotti“? Wie lebt es sich an einem Ort, der für Dreck und Drogen bekannt ist? Wodurch fühlen sich die Menschen in ihrem Wohngebiet sicher? Was erwarten sie von anderen Anwohner:innen, und inwiefern tragen solche Erwartungen zum Gefühl der Sicherheit bei? Erh?ht die allt?gliche Nutzung der Nachbarschaft das Sicherheitsgefühl?
Im Auftrag des Bezirksamtes befragten Prof. Dr. Talja Blokland und Dr. Hannah Schilling gemeinsam mit einem Forschungsteam des Georg-Simmel-Zentrums für Metropolenforschung der Humboldt-Universit?t Berlin 2019 dazu 323 Anwohner:innen. Das Team klingelte an Haustüren rund um den ?Kotti“ und fragte genau nach. Anders als bei anderen Befragungen zu diesem Thema konnten die Befragten ihre Einsch?tzung der Sicherheit ohne Vorgaben der Forscher:innen begründen. Die Antworten der Kreuzberger:innen zeigen, dass auf einer Skala von 1 bis 10 ein Durchschnitt von fast 7,5 an Sicherheit von Menschen vergeben wird, die soziale Kontrolle erfahren oder unbesorgt waren, z.B. da ihnen noch nie was passiert ist. Die niedrigsten Durchschnittswerte von 4,8 begründeten Anwohner:innen mit Verweis auf Drogenprobleme und Kriminalit?t. Viele Befragte geben an, dass Straftaten in den letzten zehn Jahren zugenommen h?tten, aber nur 31 Prozent sch?tzen es so ein, dass es unsicherer geworden sei. 26 Prozent geben sogar an, die Sicherheit am Kottbusser Tor habe sich verbessert.
Vertrauen auf Hilfe
Zudem zeigt sich, dass sich Menschen am ?Kotti“ vor allem dann sicherer fühlen, wenn sie die lokale Infrastruktur an L?den stark nutzen und regelm??ig mit Fremden ins Gespr?ch kommen oder immer wieder auf Bekannte treffen. Es entsteht so eine vertraute ?ffentlichkeit: Durch solche wiederholten Begegnungen k?nnen Anwohner:innen ihre Mitmenschen besser einsch?tzen. Es zeigt sich, dass die Anwohner:innen Vertrauen in ihre Nachbar:innen haben: Fast alle (95 Prozent) Teilnehmer:innen erwarten Hilfe, wenn eine ?ltere Dame am ?Kotti“ zusammenbricht; auch wenn einer offensichtlich unter Drogen oder Alkohol stehenden Person so etwas passiert, gehen 70 Prozent davon aus, dass Passant:innen helfen würden. Je st?rker Anwohner:innen darauf vertrauen, dass sie Hilfe kriegen, wenn sie z.B. auf der Stra?e bedroht werden, desto sicherer fühlen sie sich: Die Mehrheit der Menschen erwartet solche Hilfe (60 Prozent), nur 5 Prozent gehen davon aus, die Hilfe k?me nicht.
?Mit der Befragung von Anwohner:innen am Kottbusser Tor m?chten wir besser verstehen, wie die Menschen sich in ihrem Wohnumfeld fühlen, was sie besonders beeintr?chtigt und wie das Sicherheitsgefühl verbessert werden kann“, sagt Bezirksstadtrat Knut Mildner-Spindler. ?Die Idee und die Konzeption der Studie wurde bereits von unterschiedlichen Akteuren begleitet, neben der Verwaltung waren dies soziale Tr?ger, die Polizei sowie der Quartiersrat und das Quartiersmanagement-Team vor Ort. Die Zusammenarbeit von Verwaltung und Wissenschaft ist ein wichtiges Anliegen und wir freuen uns sehr über die Kooperation mit dem Fachbereich der Stadt- und Regionalsoziologie und Frau Prof. Blokland, um wissenschaftliche Erkenntnisse über die Sozialr?ume zu erlangen. Auf Grundlage der spannenden Ergebnisse werden Handlungsempfehlungen und konkrete Ma?nahmen durch die Verwaltung und weitere Akteure vor Ort gemeinsam und fachübergreifend entwickelt“.?
?Auch rund um einen Platz wie dem Kottbusser Tor, wo vielen Menschen Umst?nde wie Drogenhandel, Vermüllung und vor allem die unüberschaubare Verkehrslage überhaupt nicht gefallen“, sagt Studienautorin Talja Blokland, ?k?nnen Menschen durch gegenseitiges Wiedererkennen Zuversicht entwickeln und ohne Angst in ihrem Kiez leben. Für eine Verbesserung der Lebensqualit?t durch Kriminalit?tspr?vention am Kottbusser Tor braucht es kreative Konzepte zur F?rderung der informellen sozialen Kontrolle, umso mehr da es keine Mehrheit gibt, die sich z.B. einfach mehr Polizei wünscht.“
Publikation
?Leben zwischen Dreck und Drogen“, erschienen im Logos Verlag
kostenloser Download-Link (PDF)
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Prof. Dr. Talja Blokland
Humboldt-Universit?t zu Berlin
Institut für Sozialwissenschaften, Stadt- und Regionalsoziologie