Die Rolle der Sinne und Gefühle in der Waldbrand-Forschung
Das gewonnene Wissen soll in die Praxis einflie?en und helfen, Wandbr?nde besser in den Griff zu bekommen. ?Ich m?chte klimaangepasste Wege finden, die helfen, die Waldbrandkrise nicht nur materiell, sondern auch kulturell zu bew?ltigen“, sagt der Wissenschaftler, der selbst gerne Zeit in der Natur verbringt. Seine Forschungsfrage lautet: ?Inwieweit und auf welche Weise führt die sensorische und affektive Wahrnehmung von Waldbr?nden zu bestimmten Auffassungen und Umsetzungen von Katastrophenvorsorge- und -managementma?nahmen?“ In dem Forschungsprojekt spielt auch der 三亿体育·(中国)官方网站 zum nichtwissenschaftlichen Publikum eine Rolle: Heine m?chte Menschen, die psychisch und physisch belastende Gefahrensituationen erlebt haben, helfen, diese besser zu bew?ltigen.
Recherche in Falkenberg
Der Nachwuchswissenschaftler lebte im vergangenen Jahr noch in Wien, wo er einen Master in Soziologie gemacht und bereits sein erstes Buch basierend auf seiner Abschlussarbeit vorgelegt hat. Jetzt ist er h?ufig im brandenburgischen Falkenberg und seiner Umgebung unterwegs. Im Sommer 2022 wütete dort ein Feuer bislang ungekannten Ausma?es und brannte 800 Hektar Land nieder. Viele werden sich an die Berichterstattung und die eigenen Gefühle erinnern, haben das mediale ?Hintergrundrauschen“, wie Heine es nennt, wahrgenommen.
Betroffener: Herzrasen auch bei Grillgeruch
Heine arbeitet mit Forschungsmethoden aus der Soziologie und Anthropologie der Sinne. Seine ethnografische Untersuchung in Brandenburg ist breit angelegt. Er ist schon dabei mit Anwohner:innen, Feuerwehrleuten, Politiker:innen und Aktivist:innen zu sprechen. Ihn interessieren ihre Eindrücke, Empfindungen und Emotionen. Bei einem seiner ersten Besuche in Falkenberg führte ihn ein Betroffener durch sein eigenes niedergebranntes Waldstück und erinnerte sich an die hei?en Tage im Sommer 2022, an Hitze, Ru?- und Aschegeruch sowie die bedrohlichen Ger?usche der Hubschrauber über ihm. ?Der Mann bekommt auch heute noch Herzrasen, wenn er den Geruch eines Grills wahrnimmt“, berichtet Heine, der mit den betroffenen Menschen mitl?uft und ihren Erinnerungen als teilnehmender Beobachter zuh?rt und mit der Kamera aufnimmt. Ebenso begleitete er den damals zust?ndigen Stadtbrandmeister durch das zerst?rte Waldgebiet, sprach mit der Pastorin des Ortes und wohnte einer Bürgerversammlung bei. ?Auf der Bürgerversammlung diskutierten rund 250 Teilnehmende, darüber welche Ma?nahmen gut gelaufen sind und wie Pr?vention und Reaktion auf Waldbr?nde in Zukunft aussehen k?nnte.“ Wie Menschen eine Gefahrensituation sensorisch wahrnehmen, kann in Abh?ngigkeit von einer Vielzahl sozio-historischer Faktoren sehr unterschiedlich sein. ?Diese kulturell ausgehandelten und individuell bedingten Wahrnehmungsmodalit?ten pr?gen das Verhalten und die Reaktionen w?hrend einer Krise und beeinflussen auch das Notfallmanagement", erkl?rt der Wissenschaftler.
Wie gehen Kalifornien und Spanien mit Waldb?nden um?
Das Waldbrandrisiko in Brandenburg hat seit den 1990er Jahren signifikant zugenommen, insbesondere die letzten Jahre waren von extremer Trockenheit und einem hohen Risiko von Waldbr?nden begleitet. W?hrend die Region noch Handlungsstrategien entwickeln muss, ist die San Francisco Bay Area in Kalifornien aufgrund ihrer spezifischen Vegetation und des mediterranen Klimas schon jahrhundertelang besonders anf?llig für Landschaftsbr?nde. ?Aber auch dort haben sich die Br?nde in den vergangenen Jahren aufgrund der globalen Erw?rmung drastisch intensiviert und erfordern angepasste Strategien “, sagt Heine, der auch in Kalifornien zu kulturellen Aspekten forschen wird. Er plant zudem einen Forschungsaufenthalt in Spanien beim EU-Projekt ?Pyrolife“, welches ein ganzheitliches, integriertes Management von Waldbr?nden in Europa und weltweit vorantreiben m?chte.
Zusammenarbeit mit Ignacio Farías
Die sinnliche Wahrnehmung besch?ftigt den gebürtigen Regensburger aber nicht erst seit seiner Dissertation, sondern war auch schon Thema in seinem Studium. Dabei stand ein Sinn im Mittelpunkt: Das Geh?r. Heine war in Wien unterwegs und spitzte buchst?blich die Ohren, spürte den Kl?ngen nach, die im h?ufig unangenehmen st?dtischen Rauschen untergehen. In seine Arbeit sind auch Publikationen von Ignacio Farías eingeflossen. Der Professor für Stadtanthropologie am Institut für Europ?ische Ethnologie der HU forscht unter anderem zum Einfluss von Schall-, Radio- und Hitzewellen auf zeitgen?ssische St?dte und ihre ?kologische Entwicklung. ?Ich wollte unbedingt mit ihm zusammenarbeiten, habe mich mit einem eigenen Essay in Anlehnung an Farías’ ERC- Wavematters-Projekt über Wellen bei ihm beworben.“ Erfolgreich. Auch wenn es in seinen Dissertationsprojekt am Ende nicht explizit um Wellen geht, promoviert er nun bei dem Professor.
Programm für Nicht-Wissenschaftler:innen
Heine ist aber nicht nur die wissenschaftliche Arbeit wichtig. In Wien führte er regelm??ig ?Soundwalks“ durch, Stadtspazierg?nge, auf denen die Teilnehmenden lernen k?nnen, sich dem oft ?berh?rten bewusst zu werden und ihre Wahrnehmung von Stadtger?uschen zu sch?rfen. Im brandenburgischen Falkenberg m?chte Heine, der in seiner Freizeit auch künstlerisch arbeitet, den vom Feuer betroffenen Personen helfen, mit dem erfahrenen Leid umzugehen. ?Ich plane kollaborative Storytelling-Workshops anzubieten, in denen sich Betroffene ihr Leid in unterschiedlichen Textformen von der Seele schreiben k?nnen.“
Autorin: Ljiljana Nikolic
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Publikation:Heine, Marvin: ?Resonant Fabrics: Listening to Urban Worlds” (2023), transcript Verlag?