Empirische Tiefenbohrungen in die Welt der Corona-Proteste
Die Pandemie hat die Bedingungen des allt?glichen Lebens weltweit erschüttert. Wie die Menschen arbeiten, Haushalt, Gesundheit und Erziehung organisieren oder sich durch die Welt und über Grenzen bewegen k?nnen, hat sich ver?ndert. Vor diesem Hintergrund haben sich neue Protestbewegungen formiert: Quer durch Europa mobilisieren Aktivist:innen, offline und online, gegen Pandemiema?nahmen wie 三亿体育·(中国)官方网站beschr?nkungen, Maskenpflicht oder Impfungen. Auf welchen Vorbedingungen gründen diese Bewegungen, was charakterisiert sie? Wie unterscheiden sie sich regional oder national? Welche Konsequenzen wird diese Mobilisierung haben?
Im Forschungsprojekt ?Cultures of Rejection“ untersucht ein transnationales und interdisziplin?res Team von Wissenschaftler:innen die sozialen und kulturellen Bedingungen, in denen autorit?re und rechtspopulistische Bewegungen Fu? fassen k?nnen. ?Nach 2015 hat scheinbar ein Umschlag des politischen Klimas von der ?Willkommenskultur“ hin zu einer ?Ablehnungskultur“ stattgefunden. Damit ging ein erneutes Erstarken verschiedener rechter, nationalistischer und rassistischer Bewegungen einher“, erkl?rt Manuela Bojad?ijev, Projektleiterin von ?Cultures of Rejection“ an der Humboldt-Universit?t zu Berlin. Sie und weitere Wissenschaftler:innen aus Wien, Link?ping (Schweden), Rijeka (Kroatien) und Belgrad (Serbien) forschen innerhalb des transnationalen Raumes, der durch die Migrationsbewegungen 2015 in ihren L?ndern geschaffen wurde. Dabei bringen sie ihre Perspektiven aus der Anthropologie, Cultural Studies, Soziologie, Politikwissenschaft und Philosophie ein. ?Mehr noch als zuvor spielen neue digitale Umwelten eine Rolle in der Formierung dieser neuen Protestbewegungen. Um dieser Dynamik langfristig etwas entgegen zu setzten, müssen wir sie besser verstehen“, so Alexander Harder, wissenschaftlicher Mitarbeiter im Projekt an der Humboldt-Universit?t zu Berlin.
Entfremdung von politischer Beteiligung
Die Wissenschaftler:innen führten empirische Untersuchungen an allt?glichen Orten wie Arbeitspl?tze, sozialr?umliche Umwelten, wie etwa Nachbarschaften, oder digitale Umwelten durch. Sie fanden heraus, dass die soziokulturellen Bedingungen der Proteste nicht erst durch die Pandemie geschaffen wurden. Vielmehr gründen sie sich auf dem fruchtbaren Grund bereits existierender Entfremdung von politischer Beteiligung und demokratischer Repr?sentation.
Die Untersuchungen zeigten, dass die soziale und die politische Zusammensetzung der Proteste sich regional und national unterscheidet. ?In allen untersuchten L?ndern bilden rechtsextreme und autorit?re Bewegungen einen Teil der Proteste gegen die Coronama?nahmen, mancherorts organisieren sie diese komplett“, so Harder. Zus?tzlich sind Ver?nderungen und Radikalisierungen über den zeitlichen Verlauf der Pandemie zu verzeichnen.
Gleichzeitig halten einige gemeinsame Eigenschaften die Proteste zusammen. Zu diesen geh?ren ein vorrangig ein übersteigerter Individualismus, stark personalisierte Politikformen, eine Mischung aus Verschw?rungsdenken und Spiritualismus und eine fundamentale Skepsis hinsichtlich institutionalisierter Autorit?ren.
Die Forscher:innen kommen zu dem Schluss, dass die Verbreitung der Proteste bleibende Konsequenzen haben wird. Einerseits haben sie subjektive Erlebnisse, soziale Verbindungen und organisatorische Infrastrukturen ausgebildet, die auch nach der Pandemie weiterbestehen k?nnen. Andererseits zeigt sich in ihnen eine Erneuerung der Proteste "gegen Flucht und Migration", deren ideologische Zusammensetzung auch in zukünftigen politischen Krisen nach der Pandemie verfangen kann.
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Zum Report auf der Projektwebsite
Zum Video ?Cultures of Rejection”
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Wolf Farkas
Pressestelle Berliner Institut für empirische Integrations- und Migrationsforschung (BIM)
Humboldt-Universit?t zu Berlin
E-Mail: wolf.farkas@hu-berlin.de