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Abschmelzen der Gletscher in Patagonien wird durch Klimawandel bestimmt – aber auch durch die Geometrie von Seen

Seit Jahrzehnten schrumpfen die Gletscher der gro?en patagonischen Inlandeise – Folge des zunehmenden Klimawandels. Ein internationales Team unter der Beteiligung von Wissenschaftlern des Geographischen Institutes der Humboldt-Universit?t zu Berlin hat nun entschlüsselt, wie vor der Gletscherfront des Grey-Gletschers in Chile das Kalben von Eisbergen und die Eisschmelze an der Gletscherfront durch stabile thermische Schichtung des Sees und durch die Geometrie des Seebodens dominiert werden.

Gletscherfront des Grey-Gletschers

Gletscherfront des Grey-Gletschers, Foto: Christoph Schneider 2015

Der Lago Grey ist ein viele Quadratkilometer gro?er, typischer ?proglazialer See“, der heute das ehemalige Zungenbecken des Grey-Gletschers ausfüllt. Durch das Zurückweichen des Grey-Gletschers nahm der vor der Gletscherzunge liegende See im Laufe der Jahrtausende eine immer gr??ere Fl?che ein. Nach 1997 wich die Gletscherfront in einem Jahr abrupt aufgrund?einer ausgedehnten Vertiefung?im Untergrund um über 1,5 km zurück. Seither geht wegen des kalten Seewassers und ansteigenden Seebodens im Bereich der Gletscherfront das Zurückweichen langsam und stetig weiter. Durch die Auswertung von Daten experimenteller Wetterstationen und Messungen von Temperatur und Trübung im See in verschiedenen Tiefen konnte nun das Zusammenspiel zwischen Atmosph?re, Gletscher und See interpretiert und entschlüsselt werden.?

?Der See wird, wie erwartet, durch das Schmelzwasser vom Gletscher beeinflusst, aber das Ausma? dieses Einflusses ist viel gr??er als zuvor gedacht,“ stellt der Erstautor der Studie, Prof. Shin Sugiyama von der Universit?t Hokkaido in Japan fest. Das bedeutet zugleich, dass der See im Sommer in der Tiefe am k?ltesten ist – anders als man eigentlich annehmen würde. Denn dem See flie?t dann viel sehr kaltes Schmelzwasser zu.?

?Unsere Ergebnisse zeigen, dass das Zurückschmelzen der Gletscher in Patagonien im Zusammenhang mit Klimawandel nicht gleichm??ig, sondern je nach Geometrie der Seen vor der Gletscherfront quasi ruckartig und in jedem Falle nichtlinear abl?uft“, erg?nzt Prof. Tobias Sauter vom Geographischen Institut der Humboldt-Universit?t, der gemeinsam mit Christoph Schneider, dem neuen Vizepr?sidenten Forschung der Humboldt-Universit?t zu Berlin, seit vielen Jahren in Patagonien forscht.

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? ? ? ? ?Grafische Darstellung der thermischen Schichtung im Lago Grey im Jahresverlauf
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Interessant dabei ist, dass sich der Gletscher – anders als beim Kalben ins Meer – aufgrund des kalten Tiefenwassers dorthin vorschieben kann, w?hrend im oberen Bereich das Abschmelzen durch den 三亿体育·(中国)官方网站 mit dem warmen Oberfl?chenwasser viel rascher vor sich geht. Aufgrund des Auftriebs k?nnen dann subaquatische Eisabbrüche auftreten, die das Eis abrupt nach oben in w?rmeres Oberfl?chenwasser gelangen lassen, wo diese Eisberge dann allm?hlich schmelzen. Das Verst?ndnis dieser Vorg?nge ist deshalb von hoher Bedeutung, da ?hnliche wie jetzt am Lago Grey in Patagonien nachgewiesene Effekte in vielen Gebirgen der Erde auftreten k?nnen, wo solche proglazialen Seen mit den von und an ihnen ausgel?sten Flutereignissen zu den gr??ten Naturgefahren z?hlen.?

Für Prof. Christoph Schneider, der seit dem Jahre 2000 an einem Dutzend Forschungskampagnen in verschiedenen Teilen Patagoniens und Feuerlands teilgenommen hat, aber auch schon in der Antarktis, Tibet, Spitzbergen, Skandinavien, den Alpen und dem Tien Shan an Gletschern geforscht hat, ist das jetzt erzielte Ergebnis vor allem Ausdruck langj?hriger internationaler Zusammenarbeit: ?In so entlegenen Gebieten der Erde ist es wichtig, dass man die Kr?fte bündelt, internationale Zusammenarbeit und Arbeitsteilung sucht, und dann – wie wir es hier in diesem japanisch-chilenisch-deutschen Team gemacht haben – gemeinsam Daten analysiert und Modelle dazu entwickelt.

Originalpublikation

Shin Sugiyama, Masahiro Minowa, Yasushi Fukamachi, Shuntaro Hata, Yoshihiro Yamamoto, Tobias Sauter, Christoph Schneider & Marius Schaefer (2021): Subglacial discharge controls seasonal variations in the thermal structure of a glacial lake in Patagonia. Nature Communications 12, 6301, DOI:?https://doi.org/10.1038/s41467-021-26578-0

Link zur Studie?

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Prof. Dr. Tobias Sauter
Humboldt-Universit?t zu Berlin
Geographisches Institut

tobias.sauter@geo.hu-berlin.de

Prof. Dr. Christoph Schneider
Humboldt-Universit?t zu Berlin,
Vizepr?sident für Forschung

vpf@hu-berlin.de