
?Die BUA und ich“ – Protokolle aus dem Exzellenzverbund
Die HU bildet gemeinsam mit der FU, der TU und der Charité den Exzellenzverbund Berlin University Alliance (BUA). In der Reihe ?Die BUA und ich“ berichten Forschende und Mitarbeitende der HU von ihren Projekten, die mit Exzellenzmitteln gef?rdert werden.
?Sammlungen müssen zukunftsf?hig werden“
Folge 1: Dr. Yong-Mi Rauch, Universit?tsbibliothek

Dr. Yong-Mi Rauch leitet die Abteilung
Historische Sammlungen der?Universit?tsbibliothek
Foto: Stefan Klenke
Dr. Yong-Mi Rauch ist Literaturwissenschaftlerin und Leiterin der Abteilung Historische Sammlungen der HU-Universit?tsbibliothek. Hier erz?hlt sie von ihrer Arbeit im Projekt ?Digitales Netzwerk Sammlungen“, das von der Berlin University Alliance gef?rdert wird, und verr?t, warum das Kugelstabmodell eines Perowskit-Kristalls für sie wichtig ist.
Wer sich mit den Berliner Universit?tssammlungen besch?ftigt, ist von der enormen Vielfalt schnell überw?ltigt: Wir haben mit so verschiedenen Objekten wie historischen Karten, Pflanzen, anatomischen Tierpr?paraten, Lehrmodellen, Fotosammlungen und Architekturpl?nen zu tun. Allein an den Einrichtungen der Berlin University Alliance gibt es über 100 wissenschaftliche Sammlungen, an der Humboldt-Universit?t mehr als 30. Natürlich finde ich die Historischen Sammlungen der Universit?tsbibliothek besonders faszinierend, weil ich mich als Sammlungsleiterin intensiv mit ihnen besch?ftigt habe. Zu ihnen geh?ren wertvolle Gelehrtenbibliotheken wie die Arbeits- und Privatbibliothek der Brüder Grimm in rund 6000 B?nden, die sprachwissenschaftliche Sammlung von Wilhelm von Humboldt und zahlreiche weitere au?ergew?hnliche Provenienzen. Mein Interesse beschr?nkt sich jedoch selbstverst?ndlich nicht auf Bücher. Die Sammlungen an Instituten, Lehrstühlen und Universit?tsmuseen in Berlin sind für mich gerade deshalb faszinierend, weil sie weniger einheitlich als Bibliotheksbest?nde sind, oft noch deutliches Erschlie?ungspotenzial besteht und sie deshalb h?ufig ?berraschungen mit sich bringen. Da Universit?tssammlungen weitgehend dezentral organisiert und über die ganze Stadt verstreut sind, sind sie leider für Externe nicht immer gut zu finden.
Von Büchern zu Perowskit
Im Projekt ?Digitales Netzwerk Sammlungen“ arbeite ich mit vielen Kolleginnen und Kollegen daran, die Sichtbarkeit und den Zugang zu diesen Sammlungen zu erleichtern. Damit die Sammlungen zukunftsf?hig werden, ist es wichtig, dass sie digital pr?sent sind und mit digitalen Instrumenten erschlossen werden k?nnen. Dafür verlasse ich zeitweise das gewohnte Bibliotheksumfeld und lerne viele weitere, für mich oft neuartige Best?nde kennen. Einen wichtigen Partner habe ich beispielsweise in der Kristallographischen Lehrsammlung am Institut für Physik in Berlin Adlershof gefunden. Diese Sammlung enth?lt unter anderem 350 mineralogische Polyedermodelle und rund 80 Kristallgittermodelle aus den Werkst?tten der HU, die aktiv in der Lehre eingesetzt werden. Für mich ist das erst einmal ein v?llig fachfremdes Gebiet, und dennoch gibt es über die Disziplinen hinweg viele Anknüpfungspunkte und gro?es Lernpotenzial.

DKristallstruktur (Elementarzelle) der?kubischen
Modifikation von Perowskit (BaTiO3), Modell aus der
Kristallographischen Lehrsammlung der
Humboldt-Universit?t zu Berlin, entstanden
zwischen 1950 und 1990,?Foto: Bernhard Ludewig
Für unser Projekt ist aus dieser Kristallographischen Lehrsammlung das Kugelstabmodell eines Perowskit-Kristalls ein ganz besonderes Objekt geworden. Die Verbindungen zwischen den einzelnen Atomen erscheinen mir sinnbildlich für den Vernetzungsgedanken, den wir in unserem Projekt verfolgen. Es ist unser Ziel, eine forschungsunterstützende Infrastruktur aufzubauen und all jene miteinander zu vernetzen, die mit Sammlungen arbeiten und sie betreuen. Ein Schritt auf diesem Weg ist es, die Modelle zu digitalisieren und ad?quat zu beschreiben, um sie in einem Online-Portal pr?sentieren zu k?nnen, auf das andere Forschende zugreifen k?nnen.
Digitalisierung bedeutet nicht nur, dass man ein Foto oder einen Scan des Objekts anfertigt. Ganz wesentlich ist es auch, die Objekte strukturiert mit Metadaten zu beschreiben, also mit allen grundlegenden 三亿体育·(中国)官方网站, aber vertretbarem Aufwand. Je nach Fach sind dafür unterschiedliche Daten wie etwa Personen, Fundorte, Klassifizierungen oder Identifikationsnummern notwendig. Zur Beschreibung k?nnen auch normierte Schlagw?rter eingesetzt werden, mit denen Best?nde über die disziplin?ren Grenzen hinweg untereinander verknüpft werden k?nnen. Der Weg von teilweise handschriftlichen Verzeichnissen hin zu einer digitalen Repr?sentation war für mich und mein Team sehr aufschlussreich. Wir konnten an solchen Beispielen Digitalisierungsmethoden ausprobieren und Verfahren entwickeln, die wir dann wieder in anderen Sammlungen anwenden k?nnen. Der enge Austausch mit den Fachleuten vor Ort, die die Sammlung betreuen, ist bei der Arbeit essentiell. H?ufig sind die Sammlungsverantwortlichen in erster Linie Forschende, die sich vorrangig mit wissenschaftlichen Fachfragen befassen und weniger mit Standards der Erschlie?ung, Inventarisierung oder Digitalisierung. Wenn Fach- und Bibliotheksexpertise zusammenkommen, erg?nzen sich die Kompetenzen, und die Zusammenarbeit kann sehr ertragreich sein. ?berhaupt ist das eine wichtige Facette unseres Projekts: Der Austausch und Wissenstransfer im Bereich Sammlungen über Fach- und Institutionsgrenzen hinweg. Wir m?chten die Akteure vernetzen und ihre Zusammenarbeit in der Sammlungsdigitalisierung unterstützen, nicht nur über Infrastruktur, sondern auch über gemeinsame Workshops, 三亿体育·(中国)官方网站 und Kooperationen.
Schlummerende Sch?tze heben
Sammlungen wurden h?ufig für einen ganz bestimmten Zweck aufgebaut oder angeschafft. Im Laufe ihrer Geschichte werden sie aber oft für unterschiedliche Forschungsfragen herangezogen und k?nnen für andere Fachrichtungen interessant werden. Das k?nnen wir gut am Beispiel der Kristallographischen Lehrsammlung beobachten. Durch die Digitalisierung sind Forschende au?erhalb der Physik und Naturwissenschaften darauf aufmerksam geworden, die anhand der Objekte nun auch kulturwissenschaftliche oder bildungsgeschichtliche Fragen untersuchen wollen.
Das Interesse der Universit?ten an ihren wissenschaftlichen Sammlungen steigt. Es gibt aber auch ?verwaiste“ Best?nde, die niemand betreut und die deshalb auch kaum wahrgenommen werden. Wenn es bestimmte Forschungsfragen, Ausstellungen oder Lehrprojekte gibt, k?nnen solche Best?nde wieder in den Fokus rücken und quasi wiedererweckt werden. Damit das schlummernde Potenzial solcher Best?nde genutzt werden kann, ist es wichtig, dass ein ?berblick über diese Ressourcen in der BUA und ein gebündelter Zugang entstehen – deshalb entwickeln wir im Projekt eine gemeinsame Online-Sammlungsplattform.
Fahrplan für eine nachhaltige Sammlungsinfrastruktur
In welchen Schritten sollte Digitalisierung ablaufen, um nachhaltige und gut nutzbare Ergebnisse zu erzielen? Welche Methoden sind dafür je nach Sammlung und Fach geeignet? Wo liegen übergreifende Anforderungen? Wie k?nnen die Objekte besser verfügbar und sichtbar werden? Zu diesen 三亿体育·(中国)官方网站 haben wir in den vergangenen zwei Jahren viele praktische Fallstudien durchgeführt, Methoden erprobt, Verfahren entwickelt und als Ergebnis eine Handlungsempfehlung vorgelegt: Einen Fahrplan, der anhand von Fallbeispielen und Erfahrungen zeigt, wie diese Aufgaben zu l?sen sind und welche zeitlichen und finanziellen Ressourcen gebraucht werden. In den kommenden Monaten wollen wir unsere Arbeit weiterführen, unser Konzept umsetzen und einen gemeinsamen Webauftritt der Universit?tssammlungen an der BUA aufbauen, in dem nach F?chern und Objekttypen gefiltert werden kann. Sammlungen, die bisher digital nicht oder schwach pr?sent sind, wollen wir auf ihrem Weg durchs digitale Zeitalter unterstützen.
Zum Projekt
Das Projekt ?Digitales Netzwerk Sammlungen“ wurde von 2021 bis 2023 mit Mitteln aus der Exzellenzstrategie gef?rdert. Es verfolgt das Ziel, eine nachhaltige Sammlungsinfrastruktur für die wissenschaftlichen Sammlungen der BUA-Verbundpartnerinnen aufzubauen und die Zusammenarbeit der Akteure im BUA-Verbund zu st?rken. Das Projekt ist im Schwerpunkt ?Sharing Resources“ der BUA angesiedelt, der sich dafür einsetzt, Forschungsinfrastrukturen im Berliner Forschungsraum effizienter zu nutzen. Sammlungen sind ein Teil dieser?komplexen?Forschungsinfrastruktur, die für die vier Verbundpartnerinnen transparent und zug?nglich?sein sollen.?