?Es gibt nicht die eine gute Stadtentwicklung“
Was bedeutet Gute Mobilit?t und wie sieht die urbane Mobilit?t der Zukunft aus? Diesen Fragen geht die Geografin Tobia Lakes im Projekt ?Transform Mobility“ nach. In diesem interdisziplin?ren Projekt entwickeln Wissenschaftler*innen der Humboldt-Universit?t zu Berlin, Technischer Universit?t Berlin und Charité – Universit?tsmedizin Berlin L?sungen für bedürfnisgerechte und verantwortungsvolle urbane Mobilit?t.
Was bedeutet Gute Mobilit?t und wie sieht die urbane Mobilit?t der Zukunft aus? Diesen Fragen geht die Geografin Tobia Lakes im Projekt ?Transform Mobility“ nach. In diesem interdisziplin?ren Projekt entwickeln Wissenschaftler*innen der Humboldt-Universit?t zu Berlin, Technischer Universit?t Berlin und Charité – Universit?tsmedizin Berlin L?sungen für bedürfnisgerechte und verantwortungsvolle urbane Mobilit?t. Das Projekt ist Teil der Initiative ?Next Grand Challenges“, mit der die Berlin University Alliance Forschung zu gro?en Zukunftsfragen der Gesellschaft unterstützt.
Hallo Frau Lakes, wie sieht ihre Arbeit als Geografin in diesem Verkehrsprojekt genau aus?
Tobia Lakes: Mich interessiert vor allem das Thema Gute Mobilit?t im r?umlichen Sinne. Wir entwickeln verschiedene Szenarien, wie St?dte mit guter Mobilit?t aussehen k?nnten. Der Begriff ?Gut“ macht deutlich, dass es sehr unterschiedliche Wertesysteme und Verst?ndnisse von Mobilit?t gibt. Mich interessiert, wie man diese Werte in Indikatoren und r?umliche Daten übersetzen kann. Zum Beispiel: Welcher Fl?chenanteil steht welcher Mobilit?tsform, etwa parkenden Autos oder Fu?g?nger*innen, zur Verfügung? Anhand dieses Indikators kann man dann diskutieren: Wie sollte die Verteilung eigentlich sein? Was hei?t Gute Mobilit?t?
Die Frage ist ja auch: Gut für wen?
Lakes: Genau. Wir wollen diese unterschiedlichen Interessen herausarbeiten. Das schlie?t auch Aspekte mit ein, die sich historisch in der Stadtentwicklung manifestiert haben, wie zum Beispiel die Fahrbahnbreite. So wollen wir Szenarien entwickeln, um zu zeigen, wie Gute Mobilit?t in unseren St?dten aussehen k?nnte.
Mich interessiert besonders der Aspekt der Co-Benefits. Bei urbaner Mobilit?t gibt es ganz viele Ma?nahmen, die vorteilhaft für verschiedene Ziele sind, etwa vor dem Hintergrund des Klimawandels oder von gesunden Lebensr?umen. Gute Mobilit?t kann zum Beispiel ebenfalls die Luftqualit?t verbessern oder die Aufenthaltsqualit?t im ?ffentlichen Raum. Diese Co-Benefits m?chte ich herausarbeiten, um zu schauen, wo es Synergien oder auch Zielkonflikte bei Zielen und Ma?nahmen gibt.
Das Team ist sehr interdisziplin?r: Die Wissenschaflter*innen kommen aus den Technikwissenschaften, der Philosophie, der Geographie und der integrierten Verkehrsplanung. Warum ist das vorteilhaft für so ein Verkehrsprojekt?
Lakes: Das Projekt ist bewusst interdisziplin?r. So wird zum Beispiel aus der philosophischen Perspektive analysiert: Was ist gut? Was ist gerecht? Methodisch gehen wir unterschiedlich an die Fragen heran, aber wir haben die gleichen Ziele.
Es gibt nicht die eine gute Mobilit?t oder die eine gute Stadtentwicklung, sondern es ist ein Aushandlungsprozess mit der Zivilgesellschaft, bei dem Machtstrukturen und historische Entwicklungen eine Rolle spielen. Dieser Prozess klappt nur, wenn wir die unterschiedlichen Perspektiven mit einbeziehen. Ein Aspekt, der mir pers?nlich wichtig ist, ist Inklusion: Wie kann man Barrierefreiheit und Teilhabe erm?glichen und in der Mobilit?t mitdenken?
Das Projekt m?chte eine Zukunftsvision entwickeln, die nicht prim?r an der Probleml?sung des aktuellen Verkehrs ausgerichtet ist. Welche Vorteile hat das?
Lakes: Auch als Wissenschaftler*innen sind wir manchmal gefangen in existierenden Strukturen und Denkans?tzen. Durch diese Herangehensweise k?nnen wir frei denken und v?llig neue Visionen entwickeln. Das zeigt einen gr??eren Handlungsspielraum auf und ?ffnet den F?cher der m?glichen Szenarien.
Wie soll die Zivilgesellschaft in das Projekt eingebunden werden?
Lakes: Den Ansatz der Zusammenarbeit mit gesellschaftlichen Akteur*innen finde ich unglaublich wichtig. Wir arbeiten mit den Organisationen Fu? e.V., ADFC, Changing Cities und Paper Planes zusammen, die jeweils für verschiedene Gruppen sprechen. Gemeinsam wollen wir eine Kampagne umsetzen, in der wir die Berliner ?ffentlichkeit zu ihren Wünschen zu Guter Mobilit?t befragen. Ich bin sehr neugierig darauf, welche Ergebnisse wir erhalten und wie wir diese in unsere Forschung einbinden k?nnen.
Im Mobilit?tssektor gibt es in Deutschland seit Jahrzehnten kaum Fortschritte in Sachen Klimaschutz. Inwieweit würde die Vision von Transform Mobility daran etwas ?ndern?
Lakes: Diese Vision würde gro?e Ver?nderungen bringen: Auf der Ebene der Klimafolgenanpassung w?ren das zum Beispiel Ma?nahmen wie die Begrünung des ?ffentlichen Raumes zur Hitzeanpassung oder ge?nderte Fahrbahnen mit durchl?ssigen Bel?gen statt Vollversiegelung zur Starkregenvorsorge. Auf der Ebene der Mitigation, also der Bemühungen, den Klimawandel abzuschw?chen, w?re das beispielsweise die Reduktion des Individualverkehrs zugunsten von aktiver Mobilit?t wie etwa Radfahren oder Zu-Fu?-Gehen. Auch die bereits erw?hnten Co-Benefits würden für mehr Klimaschutz im Verkehr sorgen, etwa durch die verbesserte Luftqualit?t und die L?rmreduzierung.
Ich m?chte gern die Methoden der Geoinformationsverarbeitung und den geographischen Mensch-Umwelt-System Blick mit einbringen in das Projekt, denn es ist mir ein pers?nliches Anliegen, dass sich die Berliner Verkehrssituation weiterentwickelt. Wie kann es sein, dass man seit Jahren so viel wei? über nachhaltigere Mobilit?tsformen, aber sich so wenig ver?ndert?
Wie wollen Sie die Ergebnisse des Projekts in die Politik tragen, um etwas zu ver?ndern?
Lakes: Die zwei Jahre Projektlaufzeit sind dafür sehr kurz. Aber dieses BUA-Projekt ist eingebettet in ein gr??eres Projekt an der TU Berlin, das fortgeführt werden soll. Mit unserer Kampagne versuchen wir, verschiedene Zielgruppen zu erreichen. Ich finde, dass gerade beim Thema Mobilit?t der Druck auch aus der Gesellschaft kommen kann, um etwas zu bewegen. Wenn man sich anschaut, welche Schwerpunkte aktuell in der Berliner Verkehrspolitik gesetzt werden, frage ich mich schon: Ist das die Berliner Gesellschaft, die das m?chte? Ich glaube nicht. Dort setzt unser Projekt an und st??t einen Austausch mit der Gesellschaft an, um gemeinsam zu überlegen, wie eine neue Art der Mobilit?t aussehen k?nnte.
Interview: Ina Friebe
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