
Innovative Projekte: Wie Berliner Forschung Bürger*innen für die Zukunft begeistert
Ob Klimawandel, Kreislaufwirtschaft oder urbane Emotionen – die Berlin University Alliance vernetzt Bürger*innen und Wissenschaftler*innen. In spannenden Formaten wie ?Flussgeschichten“ oder ?Trash Games“ gestalten sie gemeinsam L?sungen für die Herausforderungen der Zukunft.
Was macht es mit Berlin und den Berliner*innen, wenn das Wasser der Spree in Zukunft immer knapper wird? Wie werden sich Landschaft und Leben im Spreewald durch den Klimawandel ver?ndern? Für das Projekt ?Flussgeschichten“ lie?en Wissenschaftler*innen Menschen Textnachrichten und Briefe an die Spree schreiben??Lass mich dir erz?hlen, was deine Ver?nderungen in mir ausl?sen und wie es w?re,wenn du nicht mehr da w?rst.“ Das war eine der Anregungen, die sie den Briefeschreiber*innen mitgegeben haben. Deren Gedanken und Denkanst??e haben Kulturanthropolog*innen dann analysiert. ?Flussgeschichten“ ist ein Projekt des Experimentallabors AnthropoScenes, das sich auch mit Installationen oder Theater bisher wenig erreichten Zielgruppen n?hert. ?Wir konnten sehen: Da drau?en ist eine besorgte ?ffentlichkeit, die sich über den Klimawandel austauschen und über ,wicked problems' nachdenken will, also über vielschichtige, schwer l?sbare Herausforderungen“, sagt Pauline Münch. Sie ist Forscherin am Integrative Research Institute IRI THESys der Humboldt-Universit?t zu Berlin (HU).
Im November ist Pauline Münch vom ?Tagesspiegel“ zu den 100 wichtigsten K?pfen der Berliner Wissenschaft 2024 gekürt worden – vor allem wegen des ?Flussgeschichten“-Projekts der Berlin University Alliance. Das ist nur eines von sechs erfolgreichen Austauschformaten für Wissenschaftskommunikation, das die BUA in den letzten Jahren gef?rdert hat. Sie alle fanden innovative Wege, Bürger*innen für ihre Forschungsthemen zu interessieren, sich auszutauschen oder zu kollaborieren.
Spannende Projekte der BUA für Studierende und Schüler*innen
Die Bedeutung von Mathematik für die Gesellschaft war in der Corona-Pandemie erstmals vielen Menschen ins Bewusstsein gedrungen. Das Schule@DecisionTheatreLab wendet sich mit seinem spannenden Projekt an Schüler*innen. In Workshops k?nnen sie erste Erfahrungen mit mathematischer Modellierung machen. Sie erstellen spekulative Szenarien für gesellschaftliche Herausforderungen wie eine sich ausbreitende Infektionskrankheit, Big Data oder umweltschonende Mobilit?t. Dann diskutieren sie und beschlie?en politische Ma?nahmen. Deren m?gliche Folgen k?nnen sie dann in einer interaktiven Darstellung anschauen.
In den von der BUA unterstützen Formaten gewannen die Forscher*innen auch neue Einsichten zu ihrem Selbstverst?ndnis. Zum Beispiel bei ?Sci.com“. ?Nach dem Projekt identifizierten sich die Studierenden noch mehr mit ihrem Fach und mit ihrer Uni“, erkl?rt Tobias Schubert, Physiker und wissenschaftlicher Mitarbeiter der Technischen Universit?t (TU). ?Viele Studis haben berichtet, sie hatten super viel Spa? und es war ein Schlüsselerlebnis für sie, mit Leuten zu reden, die nichts mit ihrem Fach zu tun haben.“ Der Austausch und die Dialogerfahrung mit ihren Zielgruppen habe sie beflügelt. ?Einige sagten auch, man k?nne noch sie viel Theorie kennen, die Praxis habe sie noch ein entscheidendes?Stück weitergebracht.“ Eines ihrer Projekte ist eine Murmelbahn, die sie auf 三亿体育·(中国)官方网站 und Festivals aufgestellt haben. Die Besucher*innen bestimmen den Weg der Murmel, indem sie bei jeder Weggabelung eine Frage beantworten: Wird die KI-Zukunft toll oder b?se? Lieber Hands-on oder Zuschauen? ?Das war viel spannender für die Leute als Frageb?gen auszufüllen.“
Auch die Forscher von ?Trash Games“ haben die Bürger*innen in die Rolle von Entscheider*innen versetzt, mit dem Kartenspiel ?Waste What?. ?Wir hatten uns überlegt: Wie k?nnen wir die Mechanismen der Kreislaufwirtschaft begreifbar und erlebbar machen?“, sagt Johannes Scholz, Umweltingenieur an der TU. Die Spieler leiten eine Müllverbrennungsanlage, ein Gebrauchtwarenkaufhaus, einen Second-Hand-Laden oder ein Repaircafé. ?Berlin wird von einer Welle von Müll überrollt, allein 650.000 Tonnen Haushaltsabf?lle müssen pro Jahr entsorgt werden“, sagt Scholz, ?das müssen die Spieler schaffen“. In Teamarbeit versuchen sie, Dinge wie ein paar Kisten??pfel, ein abgelegtes Kleid oder ein altes Fahrrad zu reparieren, zu?spenden oder weiterverkaufen.
Emotionale und lebenswerte St?dte der Zukunft
Um die Frage, wie ein gesünderes Berlin aussehen soll, geht es im Citizen-Science-Projekt ?Deine emotionale Stadt“. Das Interdisziplin?re Team von Charité, HU, TU und Futurium wollte wissen, wie sich unterschiedliche Punkte im st?dtischen Umfeld auf unser psychisches Wohlbefinden auswirken. Dafür hat es eine App entwickelt.??Sieben Tage lang antworten Bürger*innen auf Fragen wie: Wo hast du dich in Berlin einsam gefühlt, wo verbunden, wo wohl, wo gestresst?“, sagt HU-Forscherin Sephira Kolbe, Psychologin und Koordinatorin des Projekts. Parallel dazu werden ihre GPS-Daten erhoben. ?Die Teilnehmer*innen werden so selbst zu Stadt- und Emotionsforscher*innen, sie beforschen sich selbst und ihre Gefühlswelt in ihrer Umgebung.“
Wie die lebenswerte Stadt der Zukunft aussehen soll, ergründet auch ?Collactive Materials“, zusammen mit Bürger*innen in kostenlosen Workshops im Futurium. Sie überlegen, wie aktive intelligente Materialien wie Holz oder Luft in m?glichen Zukunftsszenarien eingesetzt werden k?nnten und bauen Modelle. ?Uns war ein niedrigschwelliges Angebot wichtig, denn alle haben ja Alltagserfahrungen mit diesen Stoffen“, sagt Léa Perraudin. Projektleiterin am Exzellenzcluster ?Matters of Activity“ der Humboldt-Universit?t. In einem der Workshops haben sich die Teilnehmer*innen sandfarbene Pilzkulturen in Petrischalen angeschaut. ?Das sind Netzwerkstrukturen, die sich gegenseitig versorgen, wie eine Stadt. Pilze haben eine bestimmte Art zu wachsen, zu kommunizieren, sich zu vernetzen. Das war ein sehr inspirierendes Material, um Fragen der Fürsorge und der Kooperation auf urbane Strukturen zu übertragen“, sagt die Medientheoretikerin. Wie?in allen der von der Berlin University Alliance gef?rderten Austauschformate auch: Hier lernen Forscher*innen und Bürger*innen voneinander beim gemeinsamen Entwickeln von Ideen für Herausforderungen?der Zukunft.
Aufgezeichnet von Vera G?rgen.
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