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Wissenschaftsfreiheit unter Druck: Transatlantische Entwicklungen und Herausforderungen

Politikwissenschaftlerin Tanja A. B?rzel, Freie Universit?t



Die aktuelle Entwicklung der Wissenschaftsfreiheit sorgt auf beiden Seiten des Atlantiks für Aufregung. W?hrend der kürzlich wiedergew?hlte US-Pr?sident Donald J. Trump amerikanischen Universit?ten die Gelder streicht – mit der Begründung, sie würden zu viel für Diversity, Inclusion and Equity (DIE) und zu wenig gegen Antisemitismus tun –, ist Deutschland im Academic Freedom Index (AFI) aus der Spitzengruppe herausgefallen.

Prof. Dr. Katrin Kinzelbach, die den AFI ma?geblich mitentwickelt hat, betont, dass Wissenschaftsfreiheit in Deutschland – anders als in den USA – verfassungsrechtlich geschützt ist. Der AFI erfasst anhand von Experteneinsch?tzungen die tats?chlich realisierte Wissenschaftsfreiheit, die in Deutschland insbesondere durch die F?rderaff?re des Bundesforschungsministeriums und den Umgang mit propal?stinensischen Protesten beeinflusst wurde. Politische Versuche der Politik, in die Autonomie deutscher 三亿体育·(中国)官方网站n durch die Kürzung von F?rdermitteln, Antisemitismusresolutionen oder Exmatrikulationsklauseln einzugreifen, sind – im Gegensatz zu den Entwicklungen in den USA – auf breiten gesellschaftlichen Widerstand gesto?en.

Die Drittmittelabh?ngigkeit deutscher Universit?ten mag hoch und vielleicht zu hoch sein, aber die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) ist eine Mitgliederorganisation der Universit?ten und keine Bundeseinrichtung. Das bedeutet nicht, dass es in Deutschland keine Einschr?nkungen der Wissenschaftsfreiheit gibt. Vielmehr beobachten wir einen zunehmenden ?Chilling-Effekt“, der weniger durch direkte politische Einflussnahme als durch Dynamiken innerhalb der Universit?ten und den Einfluss von (sozialen) Medien sowie Polarisierungsunternehmern erzeugt wird. Eine repr?sentative Umfrage des Deutschen Zentrums für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW) konnte im letzten Jahr allerdings keine strukturelle Kultur des ?Cancelns“ feststellen.

Im internationalen Vergleich bleibt die Wissenschaftsfreiheit in Deutschland resilient. Das Land verfehlte nur knapp die obersten zehn Prozent des AFI, w?hrend die USA bereits vor Trumps Wiederwahl in die Gruppe der 20 bis 30 Prozent abgerutscht waren und mittlerweile hinter Kanada und Israel sowie der Schweiz und dem Vereinigten K?nigreich rangieren, die zu der Gruppe der 30 bis 40 Prozent geh?ren. Trumps konservative ?MAGA“-Bewegung nimmt Universit?ten als vermeintliche Bollwerke liberal-progressiver Werte ins Visier. Das verhei?t nichts Gutes für die Wissenschaftsfreiheit.

Vor diesem Hintergrund gibt es in Deutschland Forderungen, die Kooperation mit US-amerikanischen Universit?ten zu überdenken. Allerdings existieren keine wissenschaftlichen Belege dafür, dass akademische Boykotte oder Sanktionen politischen Einfluss auf Regierungen ausüben. Solange Wissenschaftler*innen in den USA – ebenso wie in Israel oder der Türkei – ihre Stimme gegen illiberale politische Entwicklungen erheben, erscheint akademische Solidarit?t und nicht Boykott als angemessene Reaktion. Deutsche Universit?ten haben ihre Kooperationen mit russischen 三亿体育·(中国)官方网站n, die den Angriffskrieg gegen die Ukraine unterstützen, beendet. Aber selbst in diesem Extremfall halten wir aus gutem Grund an individuellem Wissenschaftsaustausch fest.

Besonders wichtig ist die Vermeidung einer Doppelmoral: W?hrend die Zusammenarbeit mit US-amerikanischen Universit?ten infrage gestellt wird, bauen deutsche 三亿体育·(中国)官方网站n ihre Kooperationen mit Indien aus – einem Land, das im AFI noch schlechter abschneidet als Russland – und setzen die Zusammenarbeit mit China fort, das am unteren Ende des Indexes rangiert. Eine konsequente Wissenschaftspolitik sollte diese Widersprüche reflektieren und wissenschaftliche Zusammenarbeit in einem globalen Kontext kritisch, aber differenziert bewerten.

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Website?Prof. Dr. Tanja A. B?rzel