Einweihung der neugestalteten S?le im Naturkundemuseum
Gru?wort vom 12.07.2007
?Museum mit angeschlossenem Lehrbetrieb“ ist die Humboldt-Universit?t aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, nicht nur heute, für einen einzigen glücklichen Tag, sondern sie ist es und ist es im Unterschied zu vielen, ja vielleicht allen anderen deutschen Universit?ten seit fast zweihundert Jahren. Schon 1810, bei ihrer Gründung, standen Universit?ts- und Museumsbetrieb in einem ganz und gar engen Zusammenhang. Wilhelm von Humboldt hat seinem K?nig bekanntlich in sehr knappen, aber auch pr?zisen Memoranden 1809 vorgeschlagen, eine Universit?t einzurichten, und im Jahr darauf die Errichtung eines Museums in Berlin. Im kurzen Text über die Universit?t aber werden bereits deren ?naturhistorische und Kunst-Sammlungen’ als integraler Bestandteil der neuen Einrichtung erw?hnt und in dem Text über das Museum eine ?Gallerie ausgew?hlter Bilder“ im Universit?tsgeb?ude – Museum und Universit?t sind also auf das engste verbunden, r?umlich ineinander gefügt, konzeptionell vereint. Hinter dieser organisatorischen und geographischen Verbindung steht ein sehr besonderes Bildungskonzept, das man mit einer Maxime des Architekten Friedrich Schinkel für sein Museumsgeb?ude am Lustgarten so charakterisieren k?nnte: ?Erst erfreuen, dann belehren“. Etwas holzschnittartiger: Erst begreifen, anfassen, ertasten, hinsehen, dann reden und schreiben. Erst in diesem Schatzhaus der Evolution inventarisieren und ordnen, dann theoretisieren. Und das Ganze nicht auf verstaubte Gelehrte und in Ehren ergraute Archivare beschr?nken, sondern die ganze Stadt, das Land hineinholen und allen demonstrieren, wie spannend die Wissenschaft vom Leben ist, nicht nur in Schülerlaboren. So wünsche ich mir die ganze Universit?t, so wollen wir alle unsere Humboldt-Universit?t – und das Museum für Naturkunde macht uns allen vor.
?Museum mit angeschlossenem Lehrbetrieb“ sind wir also, meine Damen und Herren, nicht deswegen, weil wir hier immer wieder einmal die Namen von Humboldt, Virchow oder Helmholtz in den Mund nehmen – und im Blick auf h?chst irritierende Diskussionsbeitr?ge aus einem Wiesbadener Ministerium mu? natürlich unbedingt auch der Name von Charles Darwin genannt werden, gerade auch von einem evangelischen Theologen im Pr?sidentenamt: Sie wissen, da? die Bezüge auf alle diese gro?en Namen nichts, aber auch gar nichts Museales haben. Wir sind vielmehr felsenfest davon überzeugt, da? wir durch zeitgem??e ?bersetzung und Weiterführung der Ideen dieser Gründerv?ter unserer Universit?t und der für dieses Haus einschl?gigen Wissenschaften noch etwas lernen bei der Evolution der deutschen Universit?t, bei der Evolution dieser Universit?t: ?Translating Humboldt into the 21st century“ ist das blaue Buch unseres Antrags im Exzellenzwettbewerb des Bundes und der L?nder überschrieben, das blaue Buch, das nach einem Jahrhundert, in denen ganz andere Bücher an der deutschen Universit?t dominierten, nun den Kurs unserer Universit?t bestimmt. Darin steht zu lesen, was ja auch jeder sehen kann: Da? eine integrative Form der Lebenswissenschaft, in der nicht nur Biologie und Medizin, sondern auch Geistes- wie Sozialwissenschaften an zentralen 三亿体育·(中国)官方网站 gemeinsam arbeiten, der herausragende Schwerpunkt dieser Universit?t in den n?chsten Jahren ist. Im ?Institut für integrative Lebenswissenschaften“, das wir im Zuge des Exzellenzwettbewerbs“ demn?chst gründen werden, bildet die Erforschung der Zusammenh?nge von Evolution, Reproduktion und Regeneration einen zentralen Schwerpunkt. Aber erst das Naturkundemuseum, seine Sammlungen und seine Expertise machen die Berliner Forschung auf diesen auch anderorts vielfach beforschten Feldern zu einem einzigartigen Unternehmen, sichern das – wie man heute so sch?n sagt – Alleinstellungsmerkmal des Leuchtturms Lebenswissenschaften in Berlin.
Damit die Humboldt-Universit?t zu Berlin auch weiter so erfolgreich ein ?Museum mit angeschlossenem Lehrbetrieb“ bleiben kann, ist noch viel zu tun – vielleicht haben Sie, meine sehr verehrten Damen und Herren, beim Hereinkommen den im Bau befindlichen Ostflügel dieses Hauses gesehen, in den eine namhafte Summe aus unserem Universit?tshaushalt flie?t, genauer: fünfzig Prozent der Baukosten. Ich darf namens der ganzen Universit?t versichern: Dieses Haus ist uns kostbar, weil es das unverwechselbare didaktische und wissenschaftliche Profil dieser Universit?t pr?gt. Wir werden es auch weiterhin nachhaltig unterstützen, gerade auch bei der Suche nach einer nachhaltigen finanziellen Absicherung im Rahmen der Bund-L?nder-F?rderung, aber auch bei der Er?ffnung und Befestigung weiterer wissenschaftlicher Kooperationen, beispielsweise mit dem Leipziger Max-Planck-Institut für evolution?re Anthropologie. Bevor wir aber energisch auf die Agenda der n?chsten Wochen, Monate und Jahre schauen, mu? doch erst einmal gefeiert werden, was so glücklich gelungen ist. Und also danke auch ich: Dem regierenden Bürgermeister und dem ganzen Senat für seine Unterstützung, dem Generaldirektor Leinfelder und seinen Mitarbeitern, insbesondere Herrn Damaschun, für ihr ungeheueres Engagement, der technischen Abteilung unserer Universit?t für ihre Unterstützung, dem Architekturbüro Diener und Diener, dem Büro Art+Com – sie alle haben sich um die Universit?t verdient gemacht!
Es ist, meine sehr verehrten Damen und Herren, wohl eher ungew?hnlich, da? die Technische Abteilung einer Universit?t ihre normierten Beschaffungsformulare dazu verwendet, um Paradiesv?gel einzukaufen – so geschehen im Rahmen der Vorbereitung des heutigen Tages. Ich k?nnte die Formel ?Museum mit angeschlossenem Lehrbetrieb“, die ich nun schon reichlich oft verwende habe, am Schlu? noch ein wenig provokanter variieren: Wir sehen heute, da? nicht nur dieses Museum, sondern die ganze Humboldt-Universit?t zu Berlin ein Haus für Paradiesv?gel ist. Das macht ihre Einzigartigkeit in der deutschen Forschungslandschaft aus, in Europa und darüber hinaus – hier wird Wissenschaft munterer, pfiffiger und tiefsinniger pr?sentiert, ja inszeniert als anderswo und heute, meine sehr verehrten Damen und Herren, sieht das nun wirklich jeder. Und jede. Vielen Dank.
Prof. Dr. Dr. h.c. Christoph Markschies
Pr?sident der Humboldt-Universit?t